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Rezensionen – Dr. Stone: New World

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#1
»Dr. Stone: New World« macht da weiter, wo sein Vorgänger aufgehört hat. Ein furchtbar einfallsloser Satz, doch er muss sein, schließlich beginnt Episode 1 ja auch genau da, wo das TV-Spezial ausklang. Dessen Abschluss ist zwar nicht allzu vorteilhaft, aber dafür kann jetzt direkt Fahrt aufgenommen werden – wenn auch nur im übertragenen Sinne, denn vom Schiff ist man ja noch weit entfernt. Dieser Staffelteil weicht vom bewährten Konzept nicht wirklich ab, verlagert den Handlungsplatz im Laufe der 11 Folgen jedoch von einer Insel auf eine andere. Den Zuschauer erwarten also zwei Handlungsabschnitte. Der erste Teil bietet wieder reichlich Humor, der mich teilweise so vorzüglich unterhalten hat wie wenig sonst. Das Werk führt seine Klischees mitunter so herrlich ab absurdum, dass man den Eindruck bekommt, es bade regelrecht in der Absurdität – teilweise schon schamlos, aber (fast) immer zielsicher.

Für die Schifffahrt ist vor allem reichlich haltbares Essen nötig, ergo muss erst mal zünftig Getreide angebaut werden. Die erste Episode hat definitiv ihre Momente, aber merkwürdiger Pseudokitsch Taijus selbstlosen Einsatz betreffend sowie ein marginaler Ausflug ins Tränendrüsenland, weil seine Eltern nicht mehr sind, dämpfen den Eindruck ein bisschen – für Drama eigenen sich die meisten der Figuren einfach nicht. Die Szene ist zwar ironisch gemeint, aber letztendlich mehr eine Fehlzündung. Auch der Minecraft-Stil, in dem ein paar der Szenen gehalten sind, wirkt irgendwie fehl am Platz und bietet wahrscheinlich nur Fans des Spiels einen Mehrwert. Aber das sind Kleinigkeiten und vor allem Ausnahmen.

Getreidewachstum dauert ein bisschen, doch nach einem prompten aber praktischen Zeitsprung gibt’s bereits am Ende der ersten Episode das erste Brot – und zwar völlig verkohltes. Das resultiert in einer der köstlichsten Szenen überhaupt, wenn die Ureinwohner das Ergebnis fast schon mit Wonne verzerren, Senkuu und die restlichen Menschen der Moderne aber postwendend aus den Latschen kippen. Ein Prachtstück der Inszenierung. Solch ein Backdesaster kann nur auf eine Art gelöst werden: indem Ryuusuis Butler Francois von der Versteinerung befreit wird. Dessen Geschlecht ist zunächst betont unbestimmt, aber meine Skepsis darüber, was das nun werden soll, verflog bald: Francois erfüllt die Trope des unfehlbaren Super-Butlers quasi punktgenau, irgendwelche Geschlechtsrätseleien sind schnell vergessen – so schnell, dass man sich fragt: Wozu überhaupt? Letztendlich geht die Figur dann fast unter, weil man hier nicht so sehr zur Überzeichnung greift wie bei anderen.

Nach den ersten zwei schon nicht übermäßig gemächlichen Episoden hat man offenbar gemerkt: »Ui, da ist aber noch viel Inhalt für neun Folgen übrig«, und sich daher entschlossen, sich zu sputen. In nur drei Folgen erleben wir erst Schwierigkeiten bei der Ölsuche, dann prompt den Fund, nur weniger später die Fertigstellung einer Ölgewinnungsmaschinerie (wen interessiert schon der Bau?) – und damit endet der Beschuss mit Ergebnissen noch nicht einmal. Glücklicherweise glänzt Dr. Stone auch hier mit seinem Humor, und zwar ohne Unterlass. Der Abschnitt mag hinsichtlich Machbarkeit reichlich unrealistisch, gar grotesk wirken, macht dafür aber einen Heidenspaß, vielleicht mehr als je zuvor.

Irgendwann kann der Kahn dann endlich ablegen, die große Reise also beginnen – und damit ist es an der Zeit, sich endlich den zwei Hauptzielen zu widmen: Die Ursache für den großen Lichtblitz zu finden sowie die Herstellung weiterer Salpetersäure, um noch mehr Menschen aus ihrem steinernen Gefängnis zu befreien. Für die Herstellung der Säure benötigt Senkuu Platin, und das hofft er auf der Insel zu finden, auf der das Raumschiffs seines Vaters abstürzte. Auf die Ankunft muss man nicht lange warten, doch werden bei der überraschend ernste Töne angeschlagen, denn die Insel ist keineswegs verlassen. Stattdessen sieht sich Senkuus Gruppe einem regelrechten Regime gegenüber, in den Frauen mitunter aus den Händen ihrer Ehemänner gerissen werden, einfach weil sie dem obersten Herrscher, dem »Master«, zustehen … wohl eher aber, weil seine obersten Handlanger bei der Auswahl überwiegend nach »Rutenausschlag« vorgehen.

Wer nun glaubt, Dr. Stone würde jetzt dauerhaft in ernste Gefilde verfallen, irrt sich. Auch wenn Figuren wie Ibara (der Minister) finstere Züge zeigen, auch wenn von Senkuus Seite aus gewissen Gründen nur eine Handvoll Figuren handlungsfähig ist, verfällt man hier nicht ins Drama. Der zweite Teil mag nicht so absurd wirken wie der erste, auch weil tatsächlich was auf dem Spiel steht, trotzdem kommt der Humor hier nicht zu kurz. Die Einheimische Amaryllis ist nahezu so überzeichnet wie Senkuu und seine Besucher, fügt sich daher prima ein; ihr Rache-Bestreben ist zumindest leidlich interessant. Der Reste der »Feinde« kommt über Oberflächlichkeit bislang nicht hinaus, insgesamt erlebt man hier einen kleinen Haufen Ärsche mit teils psychotischen Zügen, begleitet von einem größeren Haufen Idioten (genannt »Wachen«), die gemeinschaftlich den Rest der Insel unterjochen. Da diese 11 Episoden nur der erste Teil sind, wird der Konflikt natürlich nicht ansatzweise beendet, doch zumindest gibt es eine Art Zwischenabschluss und keinen fiesen Cliffhanger.

Zum Technischen sei nur gesagt: Das Niveau wird im Großen und Ganzen gehalten, seien es Zeichenstil, Animation oder Vertonung; Schludereien habe ich nicht bemerkt. Erwähnenswert ist logischerweise die abwechslungsreiche Inszenierung (allein die Massen an Grimassen), die einfach zu köstlichen Momenten führt. Die Menge der patenten Synchronsprecher tut da ihr Übriges.

Fazit:
Eine erneut unterhaltsame Staffel, die sozusagen neue Wege einschlägt, aber bekanntes Terrain nicht wirklich verlässt. Nach all den Einfällen und Ideen hatte ich ja Sorge, dass irgendwann die Luft raus sein muss, aber bislang gibt es keinen Grund dafür: Auch »Dr. Stone: New World« unterhält über die gesamte Dauer.

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03.08.2023 – Grammatikfehler in Absatz 1 gefixt
Post was last edited on 03.08.2023 10:32.
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Rezensionen – Mushoku Tensei: Jobless Reincarnation - Der Leibwächter Fitts

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#2
Keine Ahnung, was das hier ist? Gehe bitte zu Staffel 1, nicht über Los – und schon gar nicht durch diese Rezension.

Noch in der ersten Staffel brachte ein Mana-Desaster alles durcheinander, indem es nahezu jeden aus Fittoa wegteleportierte. Mehr als eine Staffel verfolgten wir die Schicksale von u. a. Rudeus und Eris, doch was mit Sylphie geschah, blieb ein Rätsel. Erst am Ende der zweiten Staffel sah man sie wieder – mit grauen Haaren und womöglich in Diensten einer jungen blonden Frau. So richtig aufschlussreich war diese kurze Szene allerdings nicht.

Alles wirkt friedlich im Palastgarten. Prinzessin Ariel genießt, wie so oft, ihren Nachmittagstee im Beisein ihrer vertrauten Diener. Der bewanderte Zuschauer bleibt natürlich gelassen, als sich ein schon dämonisch anmutender Keiler selbst einlädt und prompt das Gefolge der Prinzessin aufs Korn nimmt. Wie es der Zufall so will, befindet sich (die lang nicht gesehene) Sylphiette grad in der Nähe des Palasts. Genauer gesagt: darüber dank Teleport-Phänomen. Noch genauer: mitten im Sturzflug. Der sorgt wortwörtlich für die grauen Haare und endet damit, dass sie aus blanker Verzweiflung heraus ihren Sturz durch einen deftigen Luftstoß bremst. Ausbaden muss es der Keiler, sein weiterer Werdegang ungewiss.

Weil sie damit Ariels Leben gerettet hat, nötigt diese die frisch erwachte Sylphie in ihre Dienste, als weitere Leibwache, dazu unter neuem Namen Fitz. Schnell zeigt sich, dass das Palastleben von heuchlerischsten Gefälligkeiten und Intrigen geprägt und damit für Sylphie nicht gerade der schönste Platz ist. Ariel, eine bislang nicht sonderlich ungewöhnliche Figur, weiß, wie schlecht ihre Chance, die Krone zu erhalten, schließlich hat sie zwei älterer Brüder und eine älteren Schwester. Da sie mit den Zuständen im Königreich aber nicht gerade glücklich ist, lässt sie sich trotzdem nicht entmutigen. Noch während sie ihre Position stärkt, machen ihre Gegner den ersten Zug. Und das bringt nicht nur die Prinzessin in Gefahr, sondern auch ihre neue Leibwache Sylphie.

Man macht nicht den Fehler, ein absurd hohes Erzähltempo vorzulegen. Die Episode dient nur als Einstimmung auf die nächste Staffel und bringt zwei Figuren zusammen, die aus unterschiedlichen Gründen einsam sind und im Verlauf der Folge, während einer schön gemachten Szene, zu so etwas wie Freundinnen werden. Dank dramatischer Verwicklungen wird der begonnene Handlungsteil auch nicht am Hofe bleiben, was bei der Stimmung dort aber nur ein Pluspunkt sein kann – auch für Sylphie, die zwar eigentlich bloß Ariel folgt, aber damit beschließt, die jüngsten Traumata hinter sich zu lassen und ein neues Leben anzufangen. Ariel ist nur wenig Zeit zur charakterlichen Entfaltung vergönnt, muss sie sich schließlich die meiste Zeit verstellen. Eigentlich erst gegen Ende bekommt man einen kurzen Einblick auf ihre verletzlichere und nachdenklichere Seite – und auf ihre Vorliebe, Sylphie zu necken.

Optisch kann ich mich nicht beklagen, auch wenn sich die spektakuläreren Szenen in Grenzen halten; gut animiert sind sie allerdings. Während der Zeichenstil wieder recht ansehnlich ist, erregt auf musikalischer Seite nichts Aufmerksamkeit, bestenfalls in den zwei genannten Szenen. Viele der gesetzteren Abschnitte sind (passenderweise) kaum bis gar nicht unterlegt.

Fazit:
Relativ unspektakuläres, aber aufschlussreiches Intermezzo, das keinem weh tut – weder von der Länge noch von der Qualität her. Sinnvoll natürlich nur für Kenner der Serie, die idealerweise auch vorhaben, die sich anschließende Staffel zu sehen.

Updates:
2023-07-26 22:00 … die üblichen Korrekturen … und eine Ausbesserung
Post was last edited on 26.07.2023 15:00.
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Rezensionen – Dr. Stone Special Episode: Ryusui

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#3
Gegen Ende der letzten Staffel äußerte Senkuu den Wunsch, die Ursache für die Versteinerung ausfindig zu machen; genau darauf – und damit auf die nächste Staffel – bereitet »Dr. Stone: Ryuusui« die Zuschauer nun vor, mit einem Spezial, dessen 55 Minuten wie im Fluge vergehen (teilweise im wahrsten Sinne des Wortes). Die typische Dr.-Stone-Genre-Mischung wird auch hier wieder geboten, allerdings in beschleunigter Form; zum Schluss gehen die Dinge schon so zügig vonstatten, dass man den Verdacht bekommt, am Ende wär die Laufzeit knapp geworden.

Zu Beginn erwartet das echte Publikum eine Bühnenshow für das Im-Anime-Publikum. Neben einem marginalen Rückblick soll die Meute vor allem auf das anstehende Vorhaben eingestimmt werden. Mit Erfolg: Alle sind begeistert, ein Schiff soll gebaut werden, doch der Weg wird kein leichter sein. »Dr. Stone« hat schon immer auf völlige Realitätsnähe gepfiffen und hat so manches Vorhaben viel zu leicht gelingen lassen. Dennoch, eine gewisse innere Logik war immer vorhanden, und das ist auch hier nicht anders: Der Plan fürs Schiff ist eine Sache, aber der eigentliche Bau eine ganz andere, zumal diverse Materialien erst hergestellt werden müssen.

Und dann braucht es natürlich einen waschechten Kapitän, der den Kahn auch bis zum Ziel bringt.

Also wird kurzerhand der namensgebende Ryuusui wiedererweckt. Ein Kerl, der in eine unfassbare reiche Familie geboren wurde und das als Taschengeld bekam, was andere ihr Lebtag lang nicht verdienen [1]. Aus Überfluss wurde schnell Langeweile, weshalb er sich mit der Schifffahrt beschäftigte – natürlich auch auf dem eigenen Schiff. Er mag wie ein selbstverliebter Snob wirken (weil er es ist), ist aber nicht komplett realitätsfern. Praktisch sofort begreift er, dass sein Superreichenleben dahin ist, und ergreift die Gelegenheit zum Neuanfang beim Schopfe. Ein echter Geschäftsmann eben – mit reichlich Ahnung: Mindere Qualität bei Holz und potenziellem Segelmaterial fallen direkt auf; auch im weiteren Verlauf hält Ryuusui mit Fachwissen nicht hinterm Berg – und führt beiläufig den Yen wieder ein …

Das soll eins verdeutlichen: Dr. Stone überzeichnet seine Figuren teilweise mit Inbrunst, schießt den Vogel aber kurioserweise nie ab und macht damit aus einer möglichen Schwäche so etwas wie eine Stärke. Die bisherige Umsetzung bemühte sich auch nicht, seine Figuren groß zu vertiefen oder zu entwickeln, und dieses TV-Spezial schon gleich gar nicht. Es gibt für praktisch jeden so viel zu tun, da ist für Charakterisierungsfirlefanz schlichtweg keine Zeit. Auch Ryuusui wird ohne viel Federlesen eingeführt, seine grundlegenden Attribute bekanntgegeben und dann ist gut – mehr braucht’s an der Stelle erst mal nicht.

Dieses Spezial legt beim Thema Humor nochmal einen Zahn zu, wirft mit Absurditäten und gelungenen Pointen förmlich um sich und schafft so den für mich unterhaltsamsten Abschnitt der bisherigen Umsetzung. Die Unterhaltung beschränkt sich jedoch nicht nur darauf: Senkuu hat zwar meist geniale Pläne, aber Kenner der Serie wissen, dass Pläne sich schnell ändern können und dass solche Änderungen mitunter weitere Herausforderungen mit sich bringen können – und damit reichlich Abwechslung in der Erzählung. So einen Fall gibt es hier auch, der aber das kleine Problem dieses Spezials ist: Zu viel Inhalt für zu wenig Zeit. Am Ende wird eine dramatische Begebenheit zwar gerade noch so abgehandelt (immerhin nicht zu überhetzt), aber das eigentliche Problem ist noch nicht gelöst – und dessen Lösung ist lediglich die Grundlage für die Lösung des nächsten. Das Ende wirkt also unvollständig, vorzeitig, doch glücklicherweise zieht’s das Ergebnis nicht allzu weit runter.

Auch optisch überzeugt »Dr. Stone: Ryuusui«, denn zumindest für mein schwaches Auge sind Zeichenstil und Animationsqualität mindestens so gut wie in der Staffel zuvor, die Hintergründe wirken in manchen Szenen sogar einen Hauch detaillierter. Größte Stärke ist die gelungene Inszenierung der reichlich vorhandenen Humoreinlagen, einziges Manko hingegen eine spezielle Gewitterwolke, die offensichtlich per CGI animiert wurde. Zwar sieht sie nun nicht schlecht aus, wirkt aber fast schon wie ein Stilbruch. Musikalisch gibt es wieder flottere, meist optimistische Themen, wenn es ans eifrige und motivierte Umsetzen von Senkuus Plänen geht. Generell kann man dem Spezial (und Dr. Stone im Allgemeinen) attestieren: Die Musik passt praktisch immer, auch in nachdenklicheren Momenten oder solchen, in denen wirklich was auf dem Spiel steht.

Fazit:
Kurzweil vom Feinsten, der – so paradox es klingen mag – etwas mehr Länge gut getan hätte. Jammern auf hohem Niveau bei einem Anime-Spezial, das vor Einfällen fast schon sprüht und somit gegenüber den Vorgängerstaffeln nochmal zulegt.


[1] Im Anime ist die Rede von »hundreds of millions of yen«, allerdings wird nicht erwähnt, ob monatlich. Stand heute wäre 200 Millionen Yen immer noch klar über eine Million Euro.

Updates:
24.07.2023 21:08 – die üblichen Pflichtkorrekturen
Post was last edited on 24.07.2023 14:08.
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Rezensionen – Oshi no Ko: Mein Star

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#4
Wäre mir Oshi no Ko ohne seine hohe Platzierung in der aS-Topliste aufgefallen? Vermutlich nicht, denn weder Titelbild noch Milieu sprachen mich an; das gesamte Idolgedöns ist mir ohnehin enorm suspekt (freundlich formuliert). Die Beschreibung ist schon eine andere Sache, aber das muss nichts heißen – die ganze Angelegenheit kann trotzdem in einer klischeegetränkten Katastrophe enden. Also zog mich hauptsächlich die Neugier bzgl. des Hypes an. Mit denen ist’s halt immer so eine Sache: Praktisch kein Werk wird seinem vorauseilenden Ruf ganz gerecht, so manches scheitert jämmerlich. Aber taugt der Anime nun überhaupt etwas? Ist er am Ende sogar richtig gut? Über Geschmack lässt sich angeblich nicht streiten, daher lautet die Antwort nur für mich (sowie ein paar andere): Und ob.

Oshi no Kou ist eine Geschichte voller Kontraste: Humor und Ernsthaftigkeit, Überzeichnung und Bodenständigkeit, Melancholie und Hoffnung, Einsamkeit und Gemeinsamkeit. Liebe und Hass, so klischeehaft es sich auch lesen mag. Vor allem aber Lüge und Wahrheit, denn das ist wohl das zentralste Thema der Geschichte: Die gesamte Unterhaltungsindustrie ist eine gewaltige Lügenmaschinerie, die insbesondere eines bringen soll: Geld – das bezeugen im Anime gleich mehrere Figuren. Es geht zwar nicht nur um die Idolszene, doch gerade hier kommt eine Botschaft besonders klar rüber: Lüge, wenn du Erfolg haben willst, überleben willst, schließlich wollen auch die Fans belogen werden, und zwar nonstop. Illusion ist alles, die Wahrheit der sichere Weg ins Aus.

Oshi no Kou ist für mich also kein reines Drama, sondern eine gut funktionierende Genremischung aus Drama, Komödie und auch Ganbatte. Wir verfolgen natürlich hauptsächlich den Werdegang von Ais Kindern, ergo den Zwillingen Aquamarine (»Aqua«) und Ruby, und zwar nicht mal nur von Geburt an, sondern dank Reinkarnation auch davor. Das führt zu einer famosen Einführungsfolge mit zwei Hauptfiguren im Babyalter, die so gar nicht babyhaft sind. Diese erste Folge ist nicht nur die längste – mit über 80 Minuten praktisch ein Film –, sondern auch die beste der Staffel. Durchschritten wird im Grunde die volle Bandbreite der Emotionen, von himmelhoch jauchzend (und lachend) bis zu am Boden zerstört. Es passiert nicht allzu oft, dass mir dieselbe Episode mehrere Lacher abgewinnt, aber auch die Salzbrühe in die Augen treibt – und das in der Frühphase, wo die Figuren noch nicht mal richtig etabliert sind. Lange nicht mehr hat mich eine Folge so gut unterhalten wie diese, die vom effektiven Erzähler Aqua fast schon beiläufig als Prolog abgestempelt wird. Doch genau der stellt für die restlichen 10 Folgen ein kleines Problem dar: sie kommen von der Intensität nicht mehr ganz ran, schon gar nicht durchgehend.

Während der Einführung gibt es zunächst ein paar kleinere Zeitsprünge, dann den großen zur Highschool-Phase – und damit den Übergang zur eigentlichen Geschichte. Bereits im Kleinkindalter waren die zwei Geschwister recht verschieden, doch die dramatischen Entwicklungen der Einstiegsfolge haben besonders bei Aqua Spuren hinterlassen. Zur introvertierten Sorte gehörte er schon vor seiner Wiedergeburt, mittlerweile kommt er reichlich unterkühlt daher und zeigt quasi schon »finstere« Charakterzüge – passend durch den dunklen Stern im Auge dargestellt, der nur selten mal aufleuchtet. Aqua ist einerseits darauf aus, seine Schwester vor Unheil aller Art zu bewahren, verfolgt aber zugleich einen drastischen Racheplan. Deswegen kehrt er dorthin zurück, wo er eigentlich nicht mehr hin wollte: ins Milieu von Film und Schauspielerei, um dort Kontakte zu knüpfen und Informationen zu sammeln. Allerdings wird bald klar, dass Aqua ein womöglich außergewöhnliches Talent besitzt, obwohl er selbiges leugnet. Ob sich dazu aber auch Leidenschaft gesellen wird, sehen wir wohl frühestens in der Fortsetzung.

Seine Schwester Ruby ist praktisch der Gegenpol: naiver Ersteindruck, eher extrovertiert, zuweilen unverschämt viel Optimismus besitzend – und fast genauso viel Energie. Ohne Kompromisse will sie in die Fußstapfen ihrer Mutter treten, weswegen sogar der Name von Ais ehemaliger Idol-Gruppe kurzerhand recycelt wird. Ruby ist allerdings keineswegs blöd und auch nicht ignorant gegenüber der harschen Realität der Idolszene. Sieht man mal von ihrem vorherigen tristen Leben ab, hat sie dank etlicher erfolgloser Vorsprechen längst gelernt, dass Erfolg nicht serviert wird. Ihr Sachverstand geht sogar soweit, dass sie bei der Vergabe der Center-Rolle, die einst ihre Mutter innehatte, in zurücksteckt, weil sie die Argumente sehr wohl versteht – und akzeptiert.

Beide Handlungsstränge sind gewissermaßen verknüpft, und zwar nicht nur durch die beiden Protagonisten, sondern auch durch Kana, die den Zwillingen manchmal fast die Show stiehlt. Der erste Eindruck ist jedoch weder beim Auftakt noch beim Wiedersehen in der Highschool ein guter: Versnobt, hochnäsig, leicht aufbrausend, beinahe asozial … kurzum: ein potentieller Nervtöter. Nach hunderten von Animes kennt man diese Art von Figuren, die das Werk merklich runterreißen können, nur zu gut. Das kaum gediehene Grauen wisch bei mir aber binnen kürzester Zeit dem Erstaunen, und zwar komplett. Kana hatte nach ihrem steilen Start effektiv eine Bauchlandung hingelegt und musste während Kindheit und früherer Jugend unentwegt darum kämpfen, überhaupt im Film- und Schauspielumfeld zu bleiben; von Erfolg kann keine Rede sein. Kein Wunder also, dass sie ein bemerkenswertes Maß an Selbstreflexion zeigt und dabei auch öfter mal ins Zynische abdriftet. Kana ist letztendlich ihr härtester Kritiker, nur eben nicht immer konstruktiv. Und weil sie abseits ihrer ernsten Seite praktisch eine klassische Tsundere ist, wird so manche Entscheidung schnell getroffen – und schnell bereut. Bestes Beispiel ist sicher, wenn sie sich später von Ruby zu einer solchen Entscheidung beschwatzen lässt, obwohl sie klar nachvollziehbare Gründe hätte, die Finger davon zu lassen. Offenbar ist gegen Rubys einnehmende, regelrecht strahlende Art kaum ein Kraut gewachsen.

Neben den dreien ist keiner der restlichen relevanten Figuren wirklich uninteressant oder unsympathisch, aber auch nicht innovativ oder frei von Klischees – im Gegenteil. Die schüchtern wirkende Akane und die katzenartige Mem-Cho sind hier sicherlich die prägnantesten Beispiele: Initial wirken sie wie fürchterlich eindimensionale und abgenutzte Tropen, bleiben es aber erfreulicherweise nicht; speziell Akane ist – fast schon wortwörtlich – ein verborgener Stern, aber auch ein Beispiel dafür, wie schnell so ein Stern um ein Haar erlöschen kann. Generell ist die Riege einfach facettenreicher als der weite Durchschnitt und damit schlichtweg interessanter.
Das gilt auch für den Erzählstil: Hier wissen Leute, wie man eine Geschichte vorträgt, und wissen auch, wie man eine solche Geschichte in Szene setzt. Wie man diese wiederholt aufs lustige (zuweilen bizarre oder gar makabere) als auch aufs ernste Gleis befördert, ohne dass die Angelegenheit entgleist. Koshi no Ou ist kein bisschen Revolution, sondern schlichtweg ein Zeugnis von Fähigkeit und Erfahrung – und vermutlich auch Herzblut. Insbesondere bei den Charakteren gelingt der Stimmungswechsel in den meisten Fällen nahtlos … und wenn mal doch nicht ganz, fällt’s nicht groß ins Gewicht. Das gilt auch für die selten auftretenden Längen, die zum Glück allesamt schnell vorbei und womöglich auch einfach eine Folge der starken Auftaktfolge sind – ein Nebeneffekt der Hoffnung auf erneute Höhenflüge.

Dem Anime sieht man auf technischer Seite an, dass einerseits Mühe eingeflossen ist und dass andererseits auch einfach das Jahr 2023 ist. Da meine Fachkenntnisse lausig sind (und es aufgrund inhärenter Faulheit auch bleiben), kann ich nicht sagen, ob die Hintergründe das Nonplusultra sind, aber man kann nicht leugnen, dass sie meistens überzeugen; negative Beispiele sind mir keine aufgefallen. Animatorisch wurde gerade an den richtigen Stellen hingelangt, aber man sieht zuweilen auch mal ein Standbild – oder gleich eine ganze Reihe als Stilmittel fürs »Vorspulen«. Das ist zum Glück die Ausnahme, insgesamt ist das Animationsniveau mehr als ordentlich und für diese Geschichte auch völlig ausreichend.
Optisch geht’s mitunter knallig zu, wenn das Thema Richtung Idol schwenkt. Bei Auftritten oder Videos davon gibt’s schon mal die volle Dröhnung Farbe, bei ernsteren Szene ist die Farbpalette aber wesentlich ausgeglichener. Der Zeichenstil bei den Figuren ist weder zu kindlich noch zu erwachsen, aber das ist bei dieser Kontrastpalette auch der beste Kompromiss.

Sich zu den Synchronsprechern zu äußern, fühlt sich dank der allgemeinen Kompetenz fast schon wie abzuspulendes Standardprogramm an, von daher einfach Dinge, die mir erwähnenswert scheinen: Ais Sprecherin leistet hervorragend Arbeit, aber kurioserweise habe ich sie überhaupt nicht wiedererkannt, obwohl ich sie in ihrer Rolle als Emilia (aus Re:Zero) ausreichend gehört habe. Die Sprecherin von Kana erwähne ich gesondert, weil sie ihr praktisch jede Facette der Figur gekonnt ins Szene setzt. Die größte Überraschung ist jedoch Rubys Stimmgeberin: Abgesehen von Komparsenrollen (aS listet derzeit gar nur zwei auf) scheint der Anime der erste große Einsatz zu sein. Das hätte ich bei dem zur Schau gestellten Können nicht erwartet; ich bin gespannt, wie weit es die junge Dame bringt. Klanglich ging mir eigentlich nur die Stimme der Mutter des Filmdirektors Taishi Gotando auf den Keks, aber erstens ist die Figur für die Handlung praktisch irrelevant und zweitens liegt’s wohl auch eher an der Rolle selbst.

Musikalisch hält sich das Werk überraschenderweise zurück und untermalt einen Großteil der Szenen mit ruhigen Klängen, oftmals mit (sicherlich künstlichen) Streichinstrumenten. Die meiste Zeit fiel mir die Hintergrund nicht mal auf, aber letztendlich erfüllt sie genau die Supportrolle, die vonnöten ist. Die Insertsongs (die meisten davon im Kontext Idol) sowie Vor- und Abspannlied sind logischerweise von einem anderen Kaliber. Ich sage mal unverblümt: Das Abspannlied geht Richtung J-Rock und hat nette Ansätze, aber mein Fall ist das nicht. Und während ich die wenigen Insertsongs (teils bei Auftritten) grazil übersprang, hielt es mich beim Titelsong wegen Neugier und dezenter Verwunderung gerade mal reichlich 10 Sekunden, danach … aber gut, ich will den Text nicht mit einer impliziten Kriegserklärung beenden, denn über Geschmack lässt sich zwar sehr wohl streiten, nur profitiert für gewöhnlich keiner davon.

Fazit:
Herausgekommen ist eine Geschichte, die zuweilen trügerisches Licht mit teils deutlichen Schatten verbindet und dabei wie Selbstkritik erscheinen mag. Das ist sie meiner Meinung nach aber nicht, sondern schlichtweg ein erzählerisches Stilmittel, das sich offenbar aufgrund des aktuellen Zeitgeists lohnt. Und eigentlich ist es nicht mal Kritik, sondern einfach reduzierte Heuchelei. Wir sollten nicht vergessen, dass auch jeder Anime ein Produkt der Unterhaltungsindustrie ist und damit per Definition zumindest ähnliche Anforderungen zu erfüllen hat. Es ist also auch kein Wunder, dass dieses Werk – dieses Produkt – idealisiert ist und somit reichlich Überzeichnung und damit einhergehende Stilmittel enthält, und zwar nicht zu knapp. Das ist letztendlich auch das, was der Fan, der Zuschauer, der Konsument will – und das muss nicht per sé was Schlechtes sein. Was Oshi no Ko letztendlich klar von der Masse abhebt, ist eine dank Grips und Kenntnis gelungene, abwechslungsreiche und zumeist einnehmende Umsetzung einer offenbar starken Vorlage. Für mich eines der Highlights der letzten Zeit und eine weitere Erinnerung daran, warum ich Anime gerne schaue.
Post was last edited on 13.07.2023 14:21.
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Rezensionen – Attack on Titan: Final Season

Avatar: Acuros
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#5
Rezensionen zu Staffel 1, Staffel 2, Staffel 3.1 und Staffel 3.2
Auch wenn der Spoilergehalt bzgl. vorheriger Staffeln sehr gering ist, trotzdem vorsorglich die Warnung. Aber ehrlich gesagt: Wer Interesse an der gesamten Serien hat, der fange bitte bei Staffel 1 an und ignoriere diese neuerliche Textwand. Die Rezension selbst ist nicht absolut spoilerfrei, geht damit aber nicht weiter als Episode 6 und auch das relativ vage. Dennoch: Konsum auf eigene Gefahr.

Manchmal hasse ich die Anime-Industrie. Da wird einem eine 16 Episoden lange Staffel mit dem Namenszusatz »The Final Season« vor den Latz geknallt, und dann sitzt man am Ende verwirrt da und fragt sich: Was ist das denn bitte für ein Ende? Die Antwort ist denkbar einfach: Gar keines, denn »Attack on Titan: The Final Season (2022)« war ja bereits angekündigt, nur habe ich zwecks Spoilervermeidung jegliche Recherche vermieden, auch auf aniSearch. Hätte ich die Angelegenheit mal skeptischer hinterfragt – etwas, das auch vielen (neuen) Figuren dieser Serie gut getan hätte …

Abgesehen von dieser naiven Erwartung hat mich »Attack on Titan: The Final Season« allerdings keineswegs enttäuscht, im Gegenteil: Weder kann man sich über zu schnelles noch zu langsames Pacing noch über einen Mangel an Abwechslung beschweren. Auch hinsichtlich Dramatik und Übertreibung schießt das Werk den Vogel nicht ab – jedenfalls nicht mehr als sonst, denn natürlich bleibt auch dieser Teil von »Attack on Titan« rabiat und schonungslos. Dennoch muss man als Zuschauer auf zwei Dinge gefasst sein: auf einen Wurf ins zunächst kalte Wasser und auf den Umstand, dass die klassische Gut-Böse-Front ziemlich aufgeweicht wird – auch wenn Zweiteres nach den Enthüllungen des letzten Staffelteils schon absehbar war.

Der Einstieg ist also ein bisschen verwirrend: Statt an Eren und seinen Gefährten darf man sich am Kampfgeschehen auf dem Festland »erfreuen«. Das Reich Marley befindet sich im Krieg mit den Kräften der Mid-East Allied Forces, und schnell wird klar, dass dieser Krieg schon vier Jahre andauert und nur dank der Niederlage von Reiner und Co. begonnen hat – in der Handlung hat also ein Zeitsprung stattgefunden. In dieser ersten Episode geht, salopp gesagt, ziemlich die Post ab, sie zeigt aber auch bereits, was einen inhaltlich so erwarten wird: die Verachtung der Eldian, ergo der Titanen, durch die »normalen« Menschen. Die Eldians werden im aktuellen Gemetzel – anders kann man es teilweise nicht nennen – allzu bereitwillig in den Tod geschickt, denn schließlich sind sich die Nichttitanen in einem einig: Etwas anderes hat dieser »Abschaum« auch gar nicht verdient.

Die Fronten – einst Titanen böse, Menschen gut – sind nun etwas schwammiger: Die Eldian waren laut Legende für eine Menge Elend verantwortlich und allein ihre Existenz ist angsteinflößend genug – etwas, das auch jeder Zuschauer bereits in den 59 Episoden nachvollziehen konnte. Marley allerdings ist eine gierige Nation und nutzt die Angst der Masse vor den potienziellen Titanen, um selbige erbarmungslos zu missbrauchen, mitunter auch einfach als Kanonenfutter. Das geht letztendlich soweit, dass Kinder der unterdrückten Eldian davon träumen, Kriegerkandidaten und letztendlich zu einem der intelligenten Titanen zu werden und es für die höchste Ehre halten, ihre verbleibende Lebensspanne auf lumpige 13 Jahre verkürzen zu lassen und anschließend ihr kurzes Restleben in einen Kampf für ein herzlose Nation zu riskieren.

Zu Beginn werden auch die Leben diverser Einwohner der Sperrzone in Marleys Hauptstadt Rebellio behandelt, darunter auch vier junge Kriegerrekruten, die allesamt der nächste Gepanzerte Titan werden wollen und durch die fortwährende Indoktrination mitunter schon fanatisch wirken. Insbesondere die junge Gabi, zugleich eine Verwandte von Reiner, ist davon stark betroffen, hält sie doch besonders die Eldian der Insel Paradis für Teufel und wünscht sich nichts mehr, als ein Ehrenmitglied der Marleybevölkerung zu werden; sowohl die Ansicht als auch den Wunsch vertritt sie nicht allein.
Man sieht als Zuschauer hier schon fast hilflos zu, denn einerseits sind die Unterdrückten arme Schweine, aber ihr blinder Hass auf die Insel-Eldian macht sie auch nicht wirklich besser als ihre Peiniger. Fast schon unangenehm wird es aber, wenn nach ein paar Episoden Eren und all die anderen einstigen Helden auftauchen und bei ihrem Vorhaben links und rechts des Weges für Tote im Überfluss sorgen. Da weiß man gleich gar nicht mehr, für wen man eigentlich sein soll – zumal man bei dem Spektakel, das so grauenhaft wie unterhaltsam ist, sowieso nicht viel Zeit hat, ausgiebig darüber zu philosophieren. Nach einer rabiaten ersten Hälfte werden jedoch auch etliche Ereignisse aus den letzten vier Jahren und teilweise sogar noch früher beleuchtet, sodass der Zuschauer sogar den Auftakt zum initialen Angriff in der allerersten Episode der Anime-Umsetzung aus Sicht der Gegner nachvollziehen kann. Diese Staffel bemüht sich darum, nicht nur das aktuelle Geschehen weiterzuspinnen, sondern auch Hintergründe einzuflechten und somit das Gesamtbild stetig auszubauen – eine Sache, die sie meiner Meinung nach ziemlich gut macht, die aber auch mehr Aufmerksamkeit vom Publikum verlangt.

Die Grundstimmung wechselt jedenfalls weg von der unmittelbaren Angst ums Überleben hin zu eher düsterem und beklemmendem Kriegsgeschehen, wenngleich immer noch mit der typischen Attack-of-Titan-Überzeichnung hantiert wird und die ganze Angelegenheit natürlich noch genauso rabiat und schonungslos ist wie eh und je. Durchaus anders wirken auch die zuvor etablierten Charaktere, insbesondere Eren. Der ist längst nicht mehr nur ein Griesgram mit Rachegelüsten, sondern kommt regelrecht desillusioniert bzw. resigniert rüber, vor allem aber kalt und gefühlslos – oder will so wirken, denn auch nach allen 16 Episoden habe ich (sicherlich zu Recht) das Gefühl, dass hinter dieser Fassade eine ganze Ecke mehr steckt. Ansonsten ist es auf der Bühne ziemlich eng geworden, denn neben zahlreichen Figuren aus Paradis werden ja auch auf gegnerische Seite einige Figuren beleuchtet, darunter etliche neue – so bleibt für einzelne Individuen zwangsweise wenig Zeit. Da diese Staffel auch die vergangene vier Jahre aus Sicht der Gegner, insbesondere Reiner, aufarbeitet, wirken die vermeintlichen Feinde tatsächlich etwas besser in Szene gesetzt. Hervorheben will ich – vielleicht überraschend – Gabi, die bald aus ihrer Fanatikerblase herausgerissen und mit den Konsequenzen ihres Handels sowie Einzelschicksalen auf Seiten der Gegner konfrontiert wird. Ein regelrechtes Highlight ist eine Szene, in der sie gefragt wird, warum eine Mutter sterben musste, obwohl sie nichts getan hat und mit den initialen Kriegshandlungen der Eldian rein gar nichts zu tun hat. Dabei zuzusehen, wie Gabis Ansichten systematisch bröckeln und ihr Weltbild massiv ins Schwanken gerät (aber nicht zusammenbricht), war faszinierend wie bewegend. Ein andersartiges Highlight war wiederum die Begegnung zwischen Reiner und Eren, die vermutlich überfällig war und im Endeffekt so etwas wie die Vergeltung für ebenjene Szene aus Episode 6 der zweiten Staffel.

Nun könnte ich noch versuchen, mich ausführlich zur Technik zu äußern, aber im Grunde bietet der Anime hier genau das, was man erwartet: Fulminant inszenierte Action, die manchmal auch etwas selbstverherrlichend in den Slow-Motion-Modus wechselt, gepaart mit einem gewohnt tollem Zeichenstil und einem Soundtrack, der einen nicht überraschend dürfte: Orchestraler Bombast, stets passend, aber mitunter (insbesondere in dramatischen Actionszenen) eben auch mal dick auftragend – eine Art von Stilmittel, die natürlich mit voller Absicht eingesetzt wird und für meinen Geschmack auch passt. Faszinierend finde ich das Intro: eine sonderbare Mischung aus Rock, orchestraler Musik, Synthesizern und teilweise etwas verzerrten Gesang, der eigentlich ein ähnlich latenter Irrsinn innewohnt wie der Handlung. Meines Erachtens das passende (und womöglich beste) Titellied der gesamten Serie bislang.
Die Synchronisation tut ihr Übriges, aber mal ehrlich: Wann tut sie das mal nicht? Mittlerweile lohnt sich das Anschneiden des Themas ja eigentlich nur noch bei Ausreißern nach oben oder unten – aber vielleicht meide ich auch nur die schwachen Werke konsequent genug …

Fazit:
Nicht nur auf inhaltlicher Ebene, sondern eben auch auf technischer Ebene kann die Serie das »Reißerische« nicht leugnen – und hat es nie auch nur ansatzweise gewollt. Natürlich ist diese Staffel nur noch für Kenner bzw. Fans sinnvoll, und denen wird einerseits die altbekannte Mischung, aber eben doch eine andere Grundstimmung geboten. Mehr Figuren und mehr Handlungsdetails erfordern zwar mehr Konzentration, bieten aber ein ansonsten spannendes und gewohnt dramatisches Paket mit schlichtweg mehr Inhalt, das sich keineswegs hinter den Vorgängern verstecken muss.

Update 29.01.2023: Nennung des falschen Titels korrigiert
Post was last edited on 29.01.2023 14:10.
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Rezensionen – Demon Slayer: Kimetsu no Yaiba - The Movie: Mugen Train

Avatar: Acuros
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#6
Als jemand, der die Serie zwar gesehen hatte, aber für eine Rezension zu faul war, sollte ich vorher klarstellen, dass ich den Hype um »Kimetsu no Yaiba« nicht wirklich nachvollziehen kann. Und während nun Heerscharen an Fans die Steine fürs Werfen polieren, nutze ich die mir bleibende Zeit, ungefragt meine Meinung darzulegen. Zunächst kann ich – als vergebliches Friedensangebot – sagen: Der Film ist wirklich besser als die Serie.

Es ist nicht so, dass ich die Serie schlecht finde, im Gegenteil: Von der Atmosphäre her war ich ziemlich angetan, manche Abschnitte sind wirklich toll, aber dennoch wird sie durch ein paar Makel heruntergezogen. Einer davon sind die Kämpfe, von denen viele eher langweilig inszeniert sind; allzuoft bestehen sie mehr aus Gedanken und Geschwätz als aus Kampf, die eigentliche Action ist vorbei, bevor es wirklich spannend wird. Und wenn dann ein Gefecht doch mal mitreißend gewesen ist (z. B. das gegen Rui), dann taucht kurze Zeit später jemand Übermächtiges auf und beendet die Angelegenheit mit effektiv einem Schlag. Was nützen (wirklich) gut gezeichnete und animierte Actionszenen, wenn sie dann eher langweilig sind?

Der gravierendere Mangel sind aber gerade die Figuren, welche die Serie überwiegend tragen: Tanjirou ist mir als Hauptcharakter trotz seines schlimmen Schicksalsschlag einfach zu glatt (und daher zu langweilig), Nezoku hat außer Niedlichsein, gelegentlichem Knurren und sehr seltenen Kampfeinsätzen bislang fast nichts zu bieten, und über Zen’itsu und Inosuke will ich mich eigentlich gar nicht äußern, weil mir deren Überzeichnung fast die ganze Zeit tierisch auf den Sack ging (und geht). Die beiden Figuren sollen in diesem sonst eher düsteren Milieu offenbar für Humor sorgen, aber bei diesem unpassenden Maß an Übertreibung konnte das bei mir von vornherein nichts werden.

»Gekijouban Kimetsu no Yaiba: Mugen Ressha Hen« knüpft jedenfalls unmittelbar ans Ende der Serie an und zeigt, wie Tanjirou und seine zwei grenzdebilen Sidekicks dem »Hashira der Flammen«, Kyoujurou Rengoku, zur Hand gehen, weil sich in einem Zug haufenweise seltsame Tode ereignet haben. Im Gegensatz zu seinem Handlungsort braucht der Film aber ein Weilchen, um in Fahrt zu kommen; zu Beginn darf man sich erst einmal wieder an den üblichen Humoreinlagen »erfreuen« – auch wenn ich den Eindruck hatte, dass zumindest Zen’itsu ein kleines bisschen entschärft wurde. Bald zeigt sich dann aber der Plan des Übeltäters: Enmu, der erste »niedere Dämonenmond«, befördert alle Passagiere in einen Schlummer, den keiner überleben soll.

Unsere Helden erleben dabei Traumsequenzen, die recht unterschiedlicher Qualität sind: Tanjirous Wiedersehen mit seiner Familie ist zwar nett, dient im Endeffekt aber nur dazu, seinen Verlust deutlicher darzustellen. Und während Zen’itsus Traum bestenfalls drollig und der von Inosuke erwartungsgemäß grotesk ist, wird die Zeit auch genutzt, den Hashira der Flammen, der bis dahin praktisch wandelndes Klischee war, näher zu beleuchten. Aus Kyoujurou wird kein tiefgründiger Charakter, aber sein Hintergrund ist definitiv nicht uninteressant und erklärt auch seine grenzenlos positive Art. Bei Enmu braucht man derartige Vertiefung nicht zu erwarten, doch das ist auch nicht weiter schlimm, denn als Gegner taugt er allemal und sorgt dank seiner Fertigkeit dafür, dass die Helden nur nicht körperlich, sondern vor allem seelisch ordentlich gefordert werden – allen voran Tanjirou.

Über 45 Minuten muss sich der geneigte Actionfan gedulden, bis das Highlight dieser zwei Stunden beginnt: die Action – und die ist diesmal nicht nur ungeheuer gut animiert, sondern auch packend inszeniert. Die Kämpfe sind geprägt von Wendungen und Dramatik und daher mehr als nur bloße Demonstration von Techniken; müsste ich etwas bemängeln, dann lediglich, dass die per CGI animierten Fleischmassen (es sind wirklich Massen) sich etwas mit dem sonstigen Zeichenstil beißen, aber das ist bereits Jammern auf hohem Niveau. Und falls sich einer im Verlauf des Werks darüber aufregt, dass der Hashira kaum zu glänzen vermag, dann wird er zum Abschluss mit einer guten halben Stunde belohnt, die neben Kyoujurou im Rampenlicht noch mehr Action, Dramatik und vor allem Emotionialität zu bieten hat. Ich gebe allerdings zu, dass ich ab und an schon fast das Verlangen verspürte, vorzuspulen, weil es mir mit mancher Gefühlsduselei dann doch zu viel wurde. Andererseits folgte solchen Momenten oft einer, den ich direkt wieder rührend fand.
Der Konflikt der letzten 30 Minuten hat für mich aber einen Haken: Er wirkt wie hinzugefügt, damit – salopp formuliert – die Kacke nochmal ein gutes Stück mehr dampft; ein Bezug zu den anderthalb Stunden vorher scheint es nicht zu geben, jedenfalls wird er nicht explizit genannt.

Der Soundtrack bietet überwiegend Orchestrales, gelegentlich auch E-Gitarren-Klänge, unterstreicht die Situationen passend und hält sich zurück, wenn er sich zurückhalten sollte; ob manche der Stücke auch schon in der Serie vorkamen, weiß ich nicht, aber wenn, dann ist’s mir kein bisschen aufgefallen. Nun wird in Rezensionen ja gern auf die nachhaltige Wirkung der Musik eingegangen, aber ich sag’s mal ganz ehrlich: Das interessiert mich nicht – ich war streckenweise so beschäftigt, dass ich praktisch gar nicht darauf achten konnte.
Seitens der Sprecher sollten speziell Tanjirous und Inosukes hervorgehoben werden, die an manchen Stellen vermutlich aufpassen mussten, dass sich ihre Stimmen nicht völlig überschlagen – Respekt für diese Leistung, unmotiviert klingt definitiv anders. Enmus Sprecher macht auch einen bemerkenswerten Job, weil er das Entrückte einfach herrlich rüberbringt. Beim Rest ist jedenfalls nichts Negatives anzumerken, selbst Zeni’tsus Kreischattacken werden nur entschlackt und dankenswerterweise auch spärlich eingesetzt. Noch eine Anmerkung für Nezoku-Fans: Man hört mal kurz ihr Stimmchen – ich war tatsächlich kurz perplex.

Fazit:
Der Film packt nach gemächlichem Start und lässt bis zum Ende nicht mehr los, kann aber den Makel der wenig überzeugenden Hauptfiguren nicht beseitigen. Dafür bietet er etliches an Spannung und zuweilen brachial inszenierte Kämpfe und steht damit in meiner Gunst definitiv höher als die TV-Serie. Von daher: Klare Empfehlung, die eingefleischte Fans eh nicht brauchen, weil sie den Film schon liebten, bevor ich überhaupt anfing, zu tippen – der momentane aniSearch-Rang spricht jedenfalls eine deutliche Sprache.

Update 12.06.2021 22:00: Scheußlichen … wie hieß das Wort gleich? Ach ja … Pleonasmus korrigiert. Und zwei Dinge korrigiert bzw. optimiert.
Update 05.07.2021 23:26: Fehlende Klammer eingefügt
Update 05.12.2021 13:12: Wortwiederholung unmittelbar vorm Fazit entfernt.
Post was last edited on 05.12.2021 06:12.
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Rezensionen – Re:Zero - Starting Life in Another World Season 2

Avatar: Acuros
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#7
»Euer Jahr 2020« lautet das Motto des Rezensionswettbewerbs, für den dieser Text entstanden ist – eine tolle Idee, denn schließlich gibt es nichts Schöneres, als ein Werk zu rezensieren, das einen genauso auf die Palme bringt wie die letzten zwölf Monate. Ich wollte erst etwas Langweiliges nehmen, kam aber zum Glück um diese Selbstbestrafung herum, als ich mehrfach die Meinung las, »Re:Zero kara Hajimeru Isekai Seikatsu 2« sei ziemlicher Quark. »Optimal!«, dachte ich mir. »Eine solche Serie kannst du zumindest zünftig verreißen!«

Die erste Episode[1] war von Anfang bis Ende durchwachsen, gab mir für mein Vorhaben also richtig Hoffnung. Ob daran die Vorlage schuld ist oder der Regisseur einfach gepennt hat, vermag ich nicht zu beurteilen, doch bis auf einen kurzen, aber aufsehenerregenden Moment fand ich das Gebotene reichlich lahm; die Einstiegsszene mit dem berühmten Satz »Wer ist Rem[2] änderte daran ebenso wenig wie die Auflösung, die mir unmittelbar danach auf dem Silbertablett präsentiert wurde. Mit grimmiger Entschlossenheit schaute ich weiter, doch was machte die Serie dann? Sie bockte – in einem Anfall unerhörter Renitenz weigerte sie sich, weiterhin zum Motto zu passen! So kann ich nicht arbeiten.

Spaß beiseite: Ich war überrascht, dass schon die zweite Folge wesentlich besser war und die Serie ihre Qualität auch danach weitestgehend halten konnte – vor allem bleibt man aber von einem so zähen Abschnitt wie dem Mittelteil der ersten Staffel verschont. Allerdings sollte allen geneigten Zuschauern klar sein, dass »Re:Zero« kein Werk mit hohem literarischen bzw. künstlerischen Anspruch ist; es unterhält vorrangig durch sein Konzept und seine Inszenierung – und manchmal eben auch durch Chaos und Irrsinn.
Im ersten Teil dieser zweigeteilten Staffel dreht sich fast alles um Kremaldy, das Dorf der Mischwesen[3]. Subaru und Emilia verschlägt es eigentlich nur dahin, um Roswaal zu den jüngsten Ereignissen befragen zu können, doch nach ihrer Ankunft rückt das schnell in den Hintergrund: Eine seltsame Barriere hält sämtliche Mischwesen vom Verlassen des Dorfes ab und wird erst verschwinden, wenn sich einer von ihnen mehreren Prüfungen unterzieht – eine Aufgabe, die ausgerechnet Emilia zufällt, die sich dabei aber gar nicht gut schlägt. Und während Subaru noch damit ringt, ob und wie er ihr helfen kann, ohne dass mal wieder alles den Bach runtergeht, muss er wortwörtlich am eigenen Leib feststellen, dass auch an anderer Stelle Lebensgefahr droht und sich seine Situation damit erheblich verkompliziert.

Subaru ist weiterhin die zentrale Figur des gesamten Werks, weswegen ich heilfroh war, dass er zumindest etwas erträglicher geworden ist: Von seiner Fähigkeit »Return by death« macht er natürlich wieder reichlich Gebrauch, kommt diesmal aber besser damit zurecht, außerdem leistet er sich auch nicht mehr solche extrem emotionalen Ausbrüche, die beim Publikum zu Recht für Irritationen gesorgt hatten. Das heißt aber nicht, dass Subaru nun zum strahlenden Helden oder gar zum Avatar der Gelassenheit wird, denn sein Weg des Elends ist keineswegs vorbei; außerdem hat er noch immer eine ziemlich schlechte Meinung von sich – zumindest bis sich die wunderschön inszenierte, vierte Episode[4] damit auseinandersetzt: Nicht nur, dass Subaru endlich etwas Hintergrund spendiert bekommt, man lernt auch seine schrulligen, aber liebenswerten Eltern kennen, die ein (selbstverständlich idealisiertes) Paradebeispiel dafür sind, wie schnell man den Bezug zum eigenen Kind verlieren kann.

Wer nun Schonkost erwartet, der irrt sich: Es gibt etliche Momente, die im Vergleich zum Vorgänger noch rabiater oder verstörender sind – mitunter auch beides. Zwar bleiben einem Szenen mit regelrecht wahllos wirkender Brutalität erspart, aber empfindliche Gemüter dürfte das Gebote trotzdem auf die Probe stellen. Es bleibt auch nötig, abgebrochene Handlungsabschnitte und damit einhergehende Charakteraktionen beiseite zu sortieren, ohne sie dabei völlig zu vergessen, weil sie eben nicht irrelevant sind – zum Glück wird das nicht mehr so sehr auf die Spitze getrieben wie in der ersten Staffel.
Stattdessen gibt es endlich Abwechslung beim Erzählstil, indem man mit Echidna, der Hexe der Gier, früh eine Figur ins Spiel bringt, die sowohl für Subaru als auch für mich gleichermaßen faszinierend und unbegreiflich ist. Man könnte sie – irgendwie – als »sympathisch« bezeichnen, aber aufgrund ihres gierigen Wesens passt »einnehmend« einfach besser; allein die Dialoge der beiden habe ich regelrecht verschlungen. Sie wird – zumindest zeitweise – zu einer Art Ruhepol für Subaru und trägt maßgeblich zu seiner Entwicklung bei – auf positive und auf negative Weise.

Fast alle anderen Figuren leiden weiterhin darunter, dass sie immer wieder zurückgesetzt werden und daher nie wirklich konsistent wirken, von Charakterentwicklung ganz zu schweigen. Zwar glänzt Emilia dieses Mal nicht so sehr mit Abwesenheit (das übernimmt Rem) und ist auch alles andere als irrelevant, aber trotzdem fühlt sie sich nur wie eine Station an, die Subaru abklappert – wenn auch ziemlich oft. Und während ich bei Ram nicht mal den Eindruck habe, dass sie wirklich etwas Wichtiges zur Handlung beiträgt, ist der Biestmensch Garfield[5] leider relativ schlecht geschrieben und kam bei mir nicht über »wandelndes Klischee« hinaus; ironischerweise meint er sogar selbst, er würde erst handeln, dann denken. Beatrice, die bislang eine kuriose und undurchschaubare Figur war, wird zwar etwas mehr beleuchtet, muss aber leider zu früh für großes zwischenmenschliches Drama herhalten – ein Schuss, der nach hinten losgeht, weil sie dafür noch nicht genug ausgearbeitet ist.
Neben Subaru sind eigentlich nur zwei Figuren interessant: Kremaldys Dorfälteste Ryuzu, deren Stimme und Gebaren zunächst so gar nicht zu ihrem mädchenhaften Äußeren passen wollen, die aber einen so obskuren wie interessanten Hintergrund besitzt. Und Roswall, der in Staffel 1 lediglich ein mysteriöser Lord mit skurriler Aussprache war, gibt nun Motive und Ansichten preis, die bei etlichen Zuschauern für Entsetzen sorgen dürften – mich eingeschlossen.

Ansonsten stehe ich bei diesem Werk vor einem interessanten Problem: Ich kann mich nicht daran erinnern, Standbilder oder Speedlines gesehen zu haben. Vielleicht gibt es ja welche, aber sind sie mir glatt entgangen. Das Animationslevel ist jedenfalls ziemlich ordentlich, speziell bei den wenigen Kämpfen, die aber nicht alle gelungen inszeniert sind – zwei sind regelrecht langweilig. Hinsichtlich Inszenierung schießt die Regie allerdings ein paar heftige Kaliber Richtung Publikum: Das fängt schon mit hektischen Bildabfolgen während ein paar Szenen an, während eine spätere ein bisschen wie ein alter Film wirkt, begleitet von einer unheimlich klingenden Spieldose. Diese herausragende Szene wird eigentlich noch von einer übertroffen, die aus der Sichtweise von Subaru gezeigt wird – während er durch die Gegend geschleift und geschleudert wird.

Die überwiegend orchestrale Musikuntermalung ist großartig, auch wenn das beim Anschauen nur teilweise auffällt. Bemerkenswert sind die atmosphärischen Klänge, die nur bedingt zum gezielten Anhören taugen, aber ein Gros der unheimlichen Szenen und Dialoge zwischen Subaru und Echidna vorzüglich untermalen; als Anhörproben empfehle ich Stücke wie »A Prelude to Ominousness«, »The Graveyard of Witches«, »Echidna’s Tea Party« und »Sounds of Gloom«. Die Grundstimmung ist überwiegend unheimlich oder melancholisch, Bombastisches wie »The Breath of a Vow« oder »Battle Beasts« gehört zu den Ausnahmen. Mein Favorit ist allerdings das wunderschöne »Mother« (mitunter auch als »Take Care« bezeichnet), das die beste Szene der vierten Episode enorm aufwertet. Mit 41 Titeln ist der Soundtrack der zweiten Staffel jedenfalls nicht gerade schwach aufgestellt, und bei dieser überwiegend guten Auswahl habe ich auch kein Problem damit, die Stücke im zweiten Teil nochmal zu hören – na ja, außer vielleicht beim etwas kitschigen »Your Voice«.


Fazit:
Re:Zero ist wie ein Drahtseilakt – ein Akt des Unbegreiflichen und des Wahnsinns. Immer wieder kommt der Akteur ins Straucheln und stürzt bei manchen Kunststücken fast schon ab. Den einen raubt es den Atem, während andere sich fragen werden, ob der Typ da oben nicht ganz glatt ist – zumal er auch noch ständig umdreht, um es besser zu machen. Und manche gehen gleich gar nicht zu dieser Vorstellung, die in meinen Augen gelungener ist als die letzte, weil man zwei entscheidende Schwachpunkte ausgebessert hat: Einerseits hat Subarus Verhalten viel von seiner Zufälligkeit verloren und wirkt nicht mehr so extrem, andererseits gönnt man den Zuschauern durch Abschnitte mit subtilerer Erzählweise etwas Abwechslung.


Randnotizen:
Die verlinkten Episodenkommentare enthalten natürlich Spoiler, Lesen also auf eigene Gefahr.

[1] Kommentar zu Episode 1
[2] Diese genannte Szene war in der regulären Ausstrahlung der ersten Staffel nicht enthalten, wurde aber beim sogenannten »Director’s Cut« als letzte Szene hinzugefügt – sicherlich zum Ankurbeln des Hypes, schließlich lag der Ausstrahlungszeitpunkt nur wenige Monate vor dem der zweiten Staffel.
[3] Damit sind u. a. Biestmenschen oder Halbelfen (wie z. B. Emilia) gemeint; im Englischen findet man als Begriff oft "demihuman".
[4] Kommentar zu Episode 4
[5] Etliche Quellen verwenden als Namen »Garfiel«, die japanische Schreibweise ergibt aber »Gaafiirudo«.

Update 20.01.2020 22:00: Fehlerkorrekturen – was auch sonst …
Post was last edited on 20.01.2021 15:00.
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Rezensionen – Fragtime

Avatar: Acuros
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#8
»Fragtime« dürfte so manche Zuschauererwartung nicht erfüllt haben.
Einerseits ist der Film mit dem Tag »Girl’s Love« markiert. Es entwickelt sich sehr wohl eine Liebesbeziehung, aber sie ist weder das zentrale Element noch wird sie als etwas Besonderes oder gar Verbotenes dargestellt – den Appetit der meisten Yuri-Heißhungrigen (davon will ich mich gar nicht komplett ausnehmen) dürfte das jedenfalls nicht gestillt haben. Andererseits ist das Erzähltempo aufgrund der kurzen Laufzeit relativ hoch, die Detaildichte um so mehr – es wird vom Zuschauer eine gewisse Aufmerksamkeit verlangt. Damit erfüllt sich auch nicht die Hoffnung, hier eine tiefenentspannte Stunde verbringen zu können.

Der Film beginnt mit einem Symbol für das unaufhaltsame Voranschreiten der Zeit: dem Ticken einer Uhr. Eine Stimme setzt ein; kurz darauf verstummt das Ticken. Diese Stimme gehört Misuzu Moritani, die aus unerfindlichen Gründen die Zeit für drei Minuten anhalten kann und damit gern unangenehmen Situationen entkommt. Als sie eine Schnapsidee – nennen wir sie mal »Höschenspionage« – in die Tat umsetzt, muss sie entgeistert feststellen, dass das Ziel der Aktion, die hübsche Haruka Murakami, gegen ihre Gabe gänzlich immun ist.

»That’s just a momentary dream« – Harukas erste Worte an Misuzu sind eine passende Beschreibung für das entstehende Verhältnis der beiden Protagonistinnen, dreht es sich doch stark um die angehaltene Zeit – die Zeit, in der sie ihren selbst gebauten Käfigen entkommen und teilweise so sein können, wie sie es insgeheim gern wären (vor allem Haruka). Doch wie auch Träume, finden diese Momente ihr Ende und die Normalität holt die zwei wieder ein. Misuzu stellt Haruka und die gemeinsamen Eskapaden mehr und mehr in Frage und macht Stück für Stück eine merkliche Entwicklung durch. Bei Haruka ist diese wesentlich diffuser und zeigt sich erst gegen Ende deutlich, weil sie zu einem guten Teil auf einer bestimmten Erkenntnis beruht.

Der Film strotzt vor Symbolik und dürfte gerade für Freunde der Interpretation ein Fest sein – ich kann selbst nach zweimaligem Anschauen nicht behaupten, alles aufgeschnappt zu haben. Jedoch habe ich den Eindruck, dass die Namen kein Zufall sind; die Nachnamen beschreiben zum Beispiel den Ersteindruck, den die zwei Figuren vermitteln: Misuzu findet allein den Gedanken daran, es allen recht zu machen, so unangenehm, dass sie sich oft lieber zurückzieht – passend also »moritani«, was man frei mit »bewaldetes Tal« (ein unzugänglicher Rückzugsort) übersetzen könnte. Haruka wirkt freundlich, höflich und aufgeschlossen. Der Schein trügt natürlich, denn letztendlich ist sie sehr darum bemüht, bei allen gut anzukommen. Entsprechend passt die Kombination aus »mura« (Dorf) und »kami« (sinngemäß »oben«), denn dank ihrer Fassade ist sie in der begrenzten Gemeinschaft zwar (scheinbar) oben auf, doch an der Spitze ist es einsam.

Bei den Vornamen handelt es sich nur um blanke Spekulation meinerseits, aber z. B. »suzu« steht für »Glöckchen« – ein Gegenstand, der wie Misuzu nicht viel Aufmerksamkeit erregt und zudem auch als Spielzeug taugt. Zu Beginn scheint Misuzu genau das für Haruka zu sein: ein Werkzeug für die eigene Unterhaltung. »haruka« ergibt »weit entfernt« – für eine ganze Weile wirkt Haruka für Misuzu nicht nur distanziert, sondern regelrecht unerreichbar. Aber rein klanglich haben mich die Vornamen an zwei recht bekannte Wörter erinnert: Wasser (»mizu«) und Frühling (»haru«), eine Umschreibung für das regelrecht symbiotische Verhältnis der beiden: Die Wärme des Frühlings lässt gefrorenes Wasser tauen und bringt es wieder zum Fließen; so gesehen Misuzus persönliches Zeitgefühl, das durch ihren ständigen Rückzug nahezu stehen geblieben ist. Und ohne Wasser kann im Frühling nichts richtig gedeihen. Erst als Misuzu dafür sorgt, dass Harukas Fassade zunehmend aufweicht, fängt diese an, ihre Persönlichkeit zu zeigen – im übertragenen Sinne also zu erblühen.

Der Film konzentriert sich fast ausschließlich auf seine zwei Hauptfiguren; der Rest ist lediglich Mittel zum Zweck. Die einzige Ausnahme ist Yukari, eine Mitschülerin von Misuzu und Haruka. Sie dient an manchen Stellen als Triebfeder für Misuzu und erhält leider nicht die gleiche Tiefe; bis auf ihre Vorlieben für Tischtennis und vor allem Mangas erfährt man kaum etwas über sie. Das ist ein bisschen schade, denn ihr Charakter ist relativ sympathisch – insbesondere ein späterer Dialog zwischen ihr und Misuzu war für mich ein angenehmer Kontrast zum eher ernsten Verlauf.

»I wish that this time would go on longer« – das Filmzitat ist nicht nur mein (vergeblicher) Wunsch an den Anime, sondern auch Kritik daran: An einigen Stellen hat man sich die Zeit genommen, die Szenerie wirken zu lassen, aber so manche Szene wird eilig abgehandelt oder wirkt durch abrupte Überblendung zur nächsten irgendwie unvollständig – bei einem Film mit eher ruhigem Grundton stört so etwas eher.
Eine späte Szene fällt stimmungsmäßig schon fast aus dem Rahmen, weil sie abrupt kommt und unverhältnismäßig dramatisch ist. Sie wäre in der Form auch gar nicht nötig gewesen, denn eine simple Verweigerungshaltung von Misuzu bezüglich ihrer Gabe hätte vermutlich genauso zur (schön inszenierten) Auflösung überleiten können.
Außerdem leistet man sich nicht nur hier, sondern auch bei zwei weiteren Szenen einen Schnitzer: Zeitreise ist hinsichtlich Konsistenz schon kein leichtes Thema, aber Zeitstillstand ist noch problematischer, weil sich die davon betroffenen Figuren niemals zum plötzlichen Bewegen oder Verschwinden einer Figur äußern sollten – ärgerlicherweise passiert genau das, obwohl es in keinem der drei Fälle nötig gewesen wäre.

Passend zur ruhigen Erzählweise kommen viele Abschnitte des Films ohne Musikuntermalung aus, ansonsten gibt es, vom seichten J-Pop des Abspanns mal abgesehen, überwiegend Piano- und Streichertöne zu hören. Optisch ist der Film etwas inkonsistent: Dass Charaktermodelle bei zunehmender Distanz schnell gröber werden, ist nichts Neues, aber es wirkt seltsam, wenn man Sachen wie Blumenkübel fast schon schludrig zeichnet, bei so mancher Umgebung aber wesentlich mehr Aufwand betreibt – ein »Highlight« sind Bäume mit detailliertem Stamm, aber verwaschen wirkender Krone; einen künstlerischen Wert konnte ich darin nicht erkennen.
Bei den Synchronsprechern erspare ich mir die üblichen Psalme bezüglich Kompetenz und sage einfach, dass gerade die zwei Protagonistinnen passend vertont sind – vor allem die Stimme von Haruka hat mir gut gefallen.

Fazit:
Der Film mag nicht fehlerfrei sein, aber dafür einfallsreich – spätestens wenn Misuzu am Ende über ihre veränderte Lebenseinstellung sinniert, parallel dazu zwei Vögel gemeinsam durch die Lüfte fliegen und das kurz darauf einsetzende Abspannlied gemeinsam von den Synchronsprecherinnen der Hauptfiguren gesungen wird, dürfte man merken, dass der Anime nicht nur durchdacht ist, sondern auch künstlerischen Wert besitzt. Ironischerweise kann man selbst die kurze Laufzeit symbolisch betrachten: Man muss die Zeit, die einem gegeben wurde, bestmöglich nutzen.

Update 22.10.2020: Nach einem dankenswerten Hinweis zu Fehlern bei der Namensdeutung habe ich die zwei Abschnitte korrigiert und überarbeitet. Ansonsten zwei Fehlerchen entsorgt – selbstverständlich in die Fehlertonne.
Update 24.10.2020: Absatz über Vornamen nochmal ein bisschen ausgebessert
Post was last edited on 24.10.2020 07:57.
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Rezensionen – Goblin Slayer: Goblin’s Crown

Avatar: Acuros
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#9
»Goblin Slayer: Goblin’s Crown« wurde zweifaches Opfer der Geldgier.
Der Film wurde fürs japanische Ausland mit 25 Minuten Rückblick auf »Goblin Slayer« aufgestockt. Der ist im Gegensatz zu dieser ominösen Bonusfolge immerhin vollständig und war für mich eine praktische und vor allem freiwillige Auffrischung. Für Kinobesucher, die zur Einstimmung gleich die ganze Serie angeschaut haben, ist das natürlich die blanke Enttäuschung.
Und dann hat man noch den gesamten fünften Band der Light-Novel in eine Stunde gestopft. Zum Vergleich: Die TV-Serie setzte in über vier Stunden die ersten beiden Bände um.

Der Beginn hat mir noch ganz gut gefallen: Eine Abenteurergruppe meuchelt souverän eine Horde Goblins, doch kurz darauf verliert sich ihre Spur. Das bringt Goblin Slayer und seine Verbündeten ins Spiel, die in einem Dorf nahe des Kampfplatzes dem Verschwinden nachgehen wollen; konkret lautet der Auftrag, die Anführerin der Gruppe zu finden. Aber weil die Anreise weit war und man zur Begrüßung auch noch einen Schwung Goblins zu Klump hauen musste, gibt’s erst mal eine Rast samt Besuch einer heißen Quelle – allerdings nur durch die Priesterin und die Hochelfin. Statt unpassendem Fanservice zu zeigen, vertieft man erfreulicherweise deren Beziehung ein wenig; die wurde zuvor nur spärlich behandelt. Auch die eigentliche Suche bietet so manch lockere Unterhaltung – davon ausgenommen Goblin Slayer, der für Amüsement im Dienst immer noch nicht zu haben ist.

Da es natürlich nicht nur um die Suche geht, findet man die Vermisste schon bald – eine junge Schwertkämpferin, die in der Vorlage einfach Noble Fencer genannt wird. Der Zuschauer erfährt durch Rückblicke zwar, wie sie dahin gekommen ist, bei den Erlebnissen danach fasst man sich jedoch erstaunlich kurz, sodass nicht ganz klar wird, wie schlimm es ihr wirklich ergangen ist. Trotz ihrer Relevanz bleibt Noble Fencer insgesamt recht blass: Dass ihr anfänglicher Optimismus verflogen ist, dürfte keine Überraschung sein, aber ihr jetziges Verhalten ist meistens eine unsympathische Mischung aus dezenter Verbitterung, stillem Geschmolle und abrupten Ausrastern – eine Mischung, die aufgesetzt wirkt. Man gibt sich nicht wirklich die Mühe, sie zu beleuchten, wodurch man als Zuschauer kaum Bezug aufbauen kann.

Dafür fehlt allerdings auch die Zeit, denn das Geschehen wechselt alsbald zu einer Festung und leitet damit den zweiten Abschnitt ein, der mehr als die Hälfte des Films einnimmt. Schon bei dessen Beginn fragte ich mich: Warum wurde die Entführte nicht einfach mitgenommen? Man hatte ja offenbar Pläne mit ihr, ließ sie aber mit 17 lumpigen Goblins als Bewachung zurück. Leider habe ich nahezu nichts über diesen Plan erfahren; eine Antwort auf meine Frage gab’s erst recht nicht. Stattdessen geht es eigentlich nur noch um zwei zentrale Punkte: Das Eindringen in die Festung und der Umgang mit den Goblin-Horden sowie dem Anführer, einem angeblich mächtigen Goblin-Paladin.
Die Infiltration hat mir noch ganz gut gefallen, aber die Ereignisse danach waren eher langweilig, obwohl sie auf dem Papier vermutlich ganz turbulent klingen. Schuld daran ist die eher spannungsarme Inszenierung; so hatte ich bei einer Verfolgungsjagd den Eindruck, dass die Goblins diese nicht mal wirklich ernst nehmen. Das Finale reißt es dann auch nicht raus, denn es ist zwar durchaus reißerisch inszeniert, aber eben nicht mitreißend. Das gilt leider auch für den letzten Kampf, den man aber wenigstens als solchen bezeichnen kann; im zweiten Abschnitt gab’s sonst nur kurze Scharmützel.

Der Film besitzt wie die TV-Serie einen ordentlichen Zeichenstil und arbeitet auf Seiten der Atmosphäre wunderbar mit Licht, Schatten und Farbtönen (besonders in der Festung). Da es ist schon ärgerlich, dass die Animationen nicht gerade flüssig sind – ein Umstand, der die Actionszenen zusätzlich abwertet. Immerhin bleibt man weitestgehend von Standbildern und Speedlines verschont. Der Soundtrack ist oft präsent und passt auch zum Geschehen, hinterließ aber wenig Eindruck bei mir – so wenig, dass ich mir mitten im Schreibprozess nicht mal mehr sicher war, ob es im Film überhaupt Musik gibt.

Fazit:
Trotz all der Kritik ist das Ergebnis jetzt nicht wirklich schlecht, denn es vermag schon zu unterhalten, aber die TV-Serie war einfach besser. Im Film scheint nämlich nicht nur weniger Geld, sondern auch weniger Herzblut zu stecken.

Update 15.10.2020: Logikfehler ausgebessert, somit ein paar Formulierung leicht angepasst
Update 22.10.2020: Eine ganz schaurige Fehlerleiche begraben
Update 08.01.2021: Eine kleine Umformulierung und Eindampfung von Zeilenumbrüchen im vorletzten Absatz
Post was last edited on 08.01.2021 15:07.
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Rezensionen – Pretty Guardian Sailor Moon Crystal Season III

Avatar: Acuros
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#10
»Sailor Moon Crystal: Death Busters-hen« hatte mich aufgrund seiner Durchschnittswertung neugierig gemacht, also schaute ich mir »Sailor Moon Crystal« an – mit zunehmender Mühe. Die Hoffnung, dass der Nachfolger mich dafür entschädigt, erwies sich auch noch als vergebens: Die Staffel wurde immer mehr zum Debakel und hat den Vorgänger insgesamt sogar unterboten – jedenfalls erzählerisch, denn technisch gesehen leistet man hier etwas bessere Arbeit: Der Zeichenstil ist in der Summe sauberer als beim Vorgänger, wo man sich doch einige Schluderei geleistet hatte, und das Animationslevel ist an manchen Stellen gar nicht übel. Etliche Musikstücke verwendet man wieder, erweitert das Repertoire aber unter anderem um ein paar rockige Klänge, die für ein bisschen Abwechslung sorgen.

Nach ein paar einleitenden Worten inklusive dunklen Vorahnungen gibt es erst mal Alltagsleben, das jedoch so wirkt, als wurde straff eine Checkliste abgearbeitet: Man stellt bekannte Figuren nochmals vor, geht knapp auf das Liebesverhältnis von Usagi und Mamoru ein und macht noch ein paar Andeutungen zu den Ereignissen der letzten Staffel. Die Inszenierung wirkt hektisch, etwas kitschig und auch ziemlich glatt gebügelt – insbesondere jede Musikuntermalung sitzt so passgenau, dass ich mir schon manipuliert vorkam.

Noch in der ersten Folge bringt man Haruka und Michiru ins Spiel. Die sind berühmt, erfolgreich und vor allem betont geheimnisvoll auch wenn der aufmerksame Zuschauer deren »Nebentätigkeit« gleich erraten wird. Haruka kleidet sich nicht nur wie ein Kerl, sie wird auch von vielen dafür gehalten. Beim ersten Besuch der üblichen Spielhalle bringt sie schon fast beiläufig die Herzen von Usagi, Makoto und Minako zum Klopfen und gibt sich auch sonst ziemlich lässig. Michiru ist deutlich reservierter und lässt bei ihrer »zufälligen« Begegnung mit Mamoru nur ein paar mysteriöse Anmerkungen fallen. Den Anlass des Besuchs kann man sich zwar zusammenreimen, darüber hinaus bleiben die beiden für alle Beteiligten erst mal rätselhaft.

Anschließend verdirbt man den Ersteindruck auch noch: Erst geben sich die zwei abweisend bis feindlich, helfen dann plötzlich doch, nur um sich sich gleich wieder wie Eisblöcke aufzuführen. Es fiel mir schwer, die beiden sympathisch oder gar nachvollziehbar zu finden, weil das mehrfach passierte. Hinzu kommt, dass die eingestreuten Yuri-Elemente im Sand verlaufen und die Annäherungsversuche von Haruka bei Usagi keinen wirklichen Sinn ergeben.
Für das Hin und Her gibt es zwar eine Begründung, aber die ist ziemlich fadenscheinig – genauso wie die Hintergrundgeschichte, die auch eine erhebliche Logiklücke besitzt: Haruka und Michiru (und mittlerweile eine Dritte) erklären, wie bei ihrem letzten Zusammentreffen die Verdammnis beschworen wurde. Dass während der Erzählung die beschriebenen Voraussetzungen allesamt offensichtlich (und schon zum zweiten Mal) erfüllt sind, hat wohl weder die Manga-Autorin noch das Animationsstudio interessiert – ein Wagnis, denn die wenigsten Zuschauer mögen es, wenn man sie für dumm verkauft.

Die größten Schwächen sind aber (wieder) die Finsterlinge und die Auseinandersetzungen mit ihnen. Der Umstand, dass sie Außerirdische sind, wird weit weniger tief behandelt als erhofft, während die Motivation für den Namen »Death Busters« wohl eher klanglicher Natur ist. Deren Anführer könnte glatt der Bruder von Metaria sein, weil auch er oft große Reden schwingt, die eigentliche Arbeit aber lieber an seine Untergebene Kaorinite abgibt. Die fühlt sich zuhause so wohl wie einst Beryl und Prince Demand und schickt lieber ihre Schergen ins Rennen. Schade, dass ich den Spruch übers Delegieren schon in meiner letzten Rezension verbraten habe …

Die Kämpfe sind insgesamt arm an Überraschungen, auch wenn die ersten ein wenig aus der Reihe tanzen – der zweite Kampf wirkt fast strategisch: Neben Ausweichmanövern, Vernebelung und Beschuss wird der Gegner sogar gefesselt und kurzzeitig durch Blitze betäubt. Selbst die Inszenierung ist dynamischer als sonst – bis Sailor Moon den Tag rettet. Ihre vorherigen Techniken waren schon seltsam, aber ein großes, rosafarbenes, rotierendes Herz, das den Gegner in einem Nebel aus Glitzer auflöst, ist schon etwas … speziell. Leider begnügt man sich auch danach mit längst abgenutzten Mustern: Ewig gleich inszenierte Angriffe, gerufene Attackennamen und natürlich die Verwandlungsszenen, mit denen vor allem zu Beginn ordentlich Strecke gemacht wird – wirkt ziemlich bekannt, nicht wahr? Es hilft leider nicht, dass die Gegner zunehmend stärker werden und nicht nur Sailor Moon für Ruhe im Karton sorgt.

Als ein Gegner dann doch mal zu mächtig ist, geschieht das obligatorische Wunder, dessen Inszenierung meine Kitsch-Toleranz ordentlich herausgefordert hat. Das wenig später beginnende Finale ist kaum besser: Es trägt (wieder) musikalisch so richtig dick auf und bietet noch mehr Kitsch, erzwungenes Drama und platte Dialoge – vor allem letzteres. Besonders ärgerlich ist, dass sich die Angelegenheit in die Länge zieht und damit Zeit verbraucht, die an anderer Stelle besser aufgehoben wäre – zum Beispiel bei der Darstellung von Hotaru. Sie hat mir in dieser Staffel mit am besten gefallen, ebenso wie ihr Verhältnis zu Chibiusa, die ein gutes Stück angenehmer geworden ist. Leider hat man von all dem (teilweise handlungsbedingt) nicht viel – jammerschade in meinen Augen.
Es gibt vorm Finale noch mehr Alltagsszenen. Von denen sind manche gelungen (die über Chibiusas Schulprojekt hat mir gut gefallen), aber etliche wirken einfach wie der Aufbau einer Bühne für die dunklen Schergen, damit sie einen weiteren teuflischen Plan umsetzen können – sprich: Mittel zum Zweck.

Das Fazit lautet »frustrierend«: Die Staffel besitzt Unmengen an erzählerischen Schwächen, wirkt über weite Strecken durchkonstruiert und ist dem Vorgänger an zu vielen Stellen auch einfach zu ähnlich. Mittlerweile habe ich den Eindruck, dass schon in der Vorlage viele Ideen willkürlich zusammengeworfen wurden. Allein diese ganzen Zahlenspielchen (»Pharao 90«, »Mistress 9«, die Hexenlevel) und das Sammeln von »Hostien« (gemeint sind Seelen) wirken wie Zutaten, bei denen man nicht weiß, warum sie im Topf gelandet sind. Mein Fazit zur vorherigen Staffel gilt auch hier – nur ist diesmal selbst die Vorspeise kein Genuss.

Update 05.10.2020: Die Rezension wurde erheblich umgeschrieben, nachdem ich mit der vorherigen Version zwei Tage nach Erstveröffentlichung recht unzufrieden war.
Update 08.10.2020: Fehlerhafte Verlinkung korrigiert
Post was last edited on 08.10.2020 11:34.
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Rezensionen – Pretty Guardian Sailor Moon Crystal

Avatar: Acuros
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#11
Der wohl bekannteste und erfolgreichste Magical-Girl-Anime dürfte jedem ein Begriff sein. Ich habe damals auf RTL2 die 200 Folgen nicht nur einmal gesehen. Das würde ich heute natürlich nicht mehr machen, denn das erzählerische Niveau war nicht gerade das Gelbe vom Ei – teilweise wurde es so albern und käsig, dass man Zweifel haben musste, ob die Geschichte überhaupt ernst genommen wurde.
In der Neuauflage bleibt man davon weitestgehend verschont, die Grundstimmung ist ernster, die Dialoge und die Figuren wirken nicht mehr so aufgedreht. Das macht es zunächst erträglicher, aber weil sich der Anime viel strikter an den Manga hält, kam mir bald eine ungute Vermutung: Schon die Vorlage ist erzählerisch einfach schwach.

»Sailor Moon Crystal« setzt gleich zwei Handlungsbögen um, von denen bereits der erste keinen Preis gewinnen wird: Das »dunkle Königreich« (einfallsreicher Name) hatte einst die Erde zur Rebellion gegen das Mondkönigreich angestachelt, weil es das eben wollte, und damit fast Erfolg gehabt. Die Königin des Mondes nutzte ihrerseits die Macht des Silberkristalls, plättete Mond und Erde in einem Schlag und segnete dabei das Zeitliche. Diesen Kristall hätte die Anführerin der Bösen, Queen Metaria, gerne selbst, um endlich zünftig übers Universum herrschen zu können, denn das gehört schließlich zu den üblichen Aufgaben einer teuflischen, lilapink gefärbten Energieerscheinung.
Weil sie jedoch unpässlich ist, wird Queen Beryl als Vertretung ins Rennen geschickt, die sich aber auch nicht gern die Hände schmutzig macht; das überlässt sie meist ihren vier Schergen.
Merke: Wenn die Bösen in diesem Anime eines beherrschen, dann die hohe Kunst der Delegation.

Zu Beginn gefiel mir die Serie aber noch ganz gut, weil sich Zeit genommen wird, die Figuren einzuführen. Usagi ist der (zunächst) niedliche Tollpatsch mit konsequentem Hang zum Verschlafen, Ami das schüchterne aber nicht willensschwache Genie, während Rei diesmal relativ kühl, zuweilen sogar melancholisch rüberkommt; von der Hitzköpfigkeit der alten Version ist kaum etwas übrig gelieben. Gut so – die damaligen Querelen mit Usagi waren eher nervig.
Makoto ist zum Glück nicht mehr der Raufbold von damals, sondern einfach ein burschikoses aber liebenswertes Mädchen, dass auf Dinge wie Kochen und Blumen steht. Mamoru wirkt in der Neuauflage reifer und ist nicht mehr das Großmaul von einst. Er ist ein guter Gegenpol zu Usagi, die das auch gut gebrauchen kann. Neben ihrer Tollpatschigkeit glänzt sie gern mit Selbstzweifeln und vor allem Begriffsstutzigkeit – schon allein Mamorus andere Identität dürfte jedem Zuschauer auf Anhieb klar sein.
In der Summe sind die Figuren ziemlich sympathisch bis hin zu liebenswert – man hat nur leider nicht lange Freude daran: Charakterentwicklung findet so gut wie nicht statt und die Eigenschaften der Figuren kommen mit zunehmender Seriendauer auch immer weniger zu Geltung.

Großer Schwachpunkt der Serie sind die Konflikte mit den Schergen der Finsternis, die man einfach nicht ernst nehmen kann: Entweder agieren sie allein und scheitern, oder sie treten mal gebündelt auf, beenden die Sache aber nicht und machen nach dem Schwingen großer Reden einen mitunter dramatischen Abgang.
Die Kämpfe sind schlichtweg langweilig; der erste ist noch irgendwo lustig, aber grundsätzlich ist der Ablauf immer sehr ähnlich: Häufig schießen Usagis Mitstreiterinnen irgendeine Attacke auf den Gegner, meist ohne nennenswerten Erfolg, dann kommt Sailor Moon daher und beendet das Ganze ruckizucki mit dem gerade aktuellen Mondangriff. Und falls selbst sie nicht obsiegt, dann passiert entweder irgendein Wunder oder die Bösen zischen eben ab, obwohl sich jeder Zuschauer mühelos ausrechnen kann, dass ein gebündelter Angriff durch die Gegner den Anime schnurstracks beenden würde. Strategie oder gar Spannung sucht man also vergebens. Dass man auf technischer Seite diverse Standbilder, Speedlines und vor einiges an Recycling zu sehen bekommt, macht es nur noch ärgerlicher ...

Ergo fühlte ich mich als Zuschauer irgendwann verarscht – und genervt: Zusätzlich zu all den Verwandlungsszenen (zusammengerechnet mehr als eine Folge) sieht man immer wieder die gleichen Angriffe, von denen manche reichlich alberne Namen haben: Venus Love-Me Chain (…), Moon Healing Escalation (?), Sailor Planet Attack (!?). Selbstverständlich kündigen die Sailor-Kriegerinnen nahezu jede Attacke lautstark an, als wäre man in irgendeinem RPG. In denen gibt es wenigstens eine Spielmechanik; hier sind die Ergebnisse oft blanke Willkür.

Damit keiner glaubt, es wäre Spaß, gibt es Kitsch, erzwungenes Drama und Plattitüden im Übermaß – auch außerhalb der Kämpfe, aber vor allem währenddessen. Dafür werden die Figuren natürlich gern mal verbogen bzw. aufs Notwendige reduziert. Boshaft formuliert verkommen Usagi und Mamoru zu Marionetten der Tragik und des Kitsches (was eben gerade passt), während die restlichen Kriegerinnen neben dem Aufsetzen von grimmigen oder betroffenen Mienen eher wenig zu bieten haben; in so mancher Szene sind die vier eigentlich nur noch optisch zu unterscheiden … und stimmlich, sofern sie nicht gerade – vorübergehend besiegt – in der Gegend herumliegen.
Der zweite Handlungsbogen setzt noch einen drauf. Nicht nur, dass das »Königreich des schwarzen Mondes« auch keinen wirklichen Hintergrund hat (der Obergegner ist so blass wie Metaria, seine Lakaien und deren Motivation sind kaum besser), es kommt auch noch das Zeitreise-Element ins Spiel, bei dem man sich einen feuchten Kehricht um Logik schert. Gegen Ende pfeift man sogar betont darauf, um aus der Handlung noch eine kitschige Szene mehr herauszuquetschen.

Da ist es fast schade um den Soundtrack, der für sich genommen ganz in Ordnung ist, doch leider übertreibt man es gern:
Schon so manche kitschige Szene wird mehr mit Streicherklängen untermalt, als gut ist, aber wenn gefühlt jeder Kampf zusätzlich(!) mit Chören vollgestopft wird, bis er aus der letzten Pore trieft, dann zeigt sich das Motto und gleichzeitig Problem des Werks: »Viel hilft viel« – oder eben auch nicht.

Fazit:
Ich fasse es mal gastronomisch zusammen: Es beginnt mit einer recht leckeren Vorspeise, doch dann kommt der riesige überwürzte Eintopf, der die ganze Woche immer wieder aufgewärmt wird und die Geschmacksnerven so verdirbt, dass selbst ein eingeschobenes Stück Schokolade nicht mehr schmeckt. Ich frage mich auch, wem man das servieren soll: Für die ursprüngliche Zielgruppe ist die Neuauflage vermutlich viel zu verbissen und betont tragisch. Und sofern die Nostalgiebrille nicht gar zu dicke Gläser hat, kann man den Rest damit auch nicht hinters Licht führen – dafür sind die genannten Schwächen einfach zu deutlich.

Update 29.09.2020: Andere Formulierung in Absatz 4, Satz 1 + einen Attackennamen entfernt – der kommt erst in der nächsten Staffel
Post was last edited on 29.09.2020 15:28.
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Rezensionen – Attack on Titan: Staffel 3 (Teil 2)

Avatar: Acuros
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#12
Rezensionen zu Staffel 1, Staffel 2 und Staffel 3.1
Diese Staffel bezeichne ich mit "3.2" und verzichte so gut wie möglich auf Spoiler zu vorherigen, doch ein paar vage Andeutungen lassen sich mittlerweile nicht mehr vermeiden. Kenntnis der verlinkten Rezensionen oder der Staffeln sind nicht zwingend, aber von Vorteil.

Staffel 3.1 klang regelrecht harmonisch aus und zeigte in einer schön gemachten Szene den Aufbruch zahlreicher Kundschafter, inklusive Levi-Trupp, zur Mauer Maria. Nach einen halben Jahr Wartezeit erlebt man nun endlich, wie die Menschheit versucht, sich das wiederzuholen, was ihnen vor über 5 Jahren genommen wurde.
Der erste Abschnitt von Staffel 3.2 vermittelt einem zunehmend das Gefühl, als ginge es um alles. Die Niederlage der Menschen hätte viele effektiv bedeutungslose Tote und den potientiellen Verlust von Eren zur Folge, weswegen mittel- bzw. langfristig die ganze Menschheit hinter den Mauern erledigt wäre. Die titanischen Gegner haben auch einiges zu verlieren, denn durch den Kundschafteransturm bietet sich ihnen eine Gelegenheit zum Erreichen ihres Ziels, die so schnell nicht wiederkommt. Es ist also kein Wunder, dass die Emotionen auch immer weiter hochkochen – selbst beim verhältnismäßig ruhigen Beginn merkt man bereits deutlich die Anspannung.

Schon in der ersten Folge fängt die aus den ersten zwei Staffeln bekannte Mixtur aus Kämpfen, Blut und Spannung an, der Abschnitt fühlt sich aber mehr wie ein Bosskampf an, genauer gesagt wie drei. Da diese parallel ablaufen, abwechselnd gezeigt werden und es auch etliche innere Monologe und Strategie offenbarende Dialoge gibt, fühlt man sich hier fast wie bei einem Fighting-Shounen. Na ja, jedenfalls teilweise, denn mit fortschreitender Dauer greift immer mehr das Entsetzen um sich – zugegebenermaßen auch bei mir.
Attack on Titan war auf visueller Ebene ja nie subtil inszeniert, aber hier hat man es bei zwei Szenen leider übertrieben. Der entscheidende Kampf von Levi kann hinsichtlich der inneren physikalischen Logik nicht funktionieren, ebenso wenig wie die Angriffe seines Gegners zuvor, die viel mehr Schaden anrichten, als massemäßig möglich ist – der Unterschied ist leider allzu offensichtlich. Bei humorvollen oder magiedurchdrungenen Animes mag das akzeptabel sein, hier aber nicht. Schade eigentlich – ein wenig Zurückhaltung hätte die Dramatik kaum reduziert. Allgemein ist das Animationsniveau so solide wie zuvor, nur leider wurden die teils wahnwitzigen "Kamerafahrten" aus den vorherigen Staffeln ziemlich reduziert.

Die Staffel verlangt dem Zuschauer emotional schon während der Kämpfe mehr ab als je zuvor, aber der eigentliche Höhepunkt sind deren Konsequenzen. Denen wird eine gesamte Episode gewidmet, die für mich nicht nur bislang beste der ganze Serie ist, sondern überhaupt einer der besten, die ich je im Animebereich gesehen habe. Im Laufe der Episode entwickelt sich ein Dilemma, das ein Großteil der Beteiligten emotional schon fast aus der Bahn wirft – höchstwahrscheinlich auch die Zuschauer, die einigermaßen was für die Figuren übrig haben. Besonders beeindruckend sind zwei Facetten der Inszenierung: Einerseits liefern die Synchronsprecher eine außergewöhnliche Arbeit ab, insbesondere der ohnehin passende Sprecher von Eren, andererseits gibt es bis auf die letzten zwei Minuten praktisch keine Hintergrundmusik (die paar Sekunden Ambientgedudel hätte es gar nicht gebraucht). Aus meiner Sicht ist das die beste Entscheidung, die man für diese Episode treffen konnte. Ich habe mittlerweile viele Szenen erlebt, die für Augen- und teilweise auch Brustdruck sorgen, doch hier erstreckt sich das über fast zehn Minuten. Zuschauer, die nah am Wasser gebaut sind, sollten also vorsichtshalber mit Taschentuch anrücken.

Der zweite Handlungsabschnitt schlägt stimmungsmäßig in eine andere Kerbe: Relativ ruhig, teils schwermütig, Kämpfe rücken fast vollständig in den Hintergrund. Es wird nicht nur die Hintergrundgeschichte von Grisha Yeager behandelt, man erfährt auch viele Details zur Welt an sich, wodurch etliche Ereignisse und vermeintliche Fakten in einem teilweise ganz anderen Licht erscheinen. Daher empfehle ich, sofern es einem bei der im Absatz darüber genannten Folge ähnlich erging, danach ein wenig zu pausieren – vielleicht für ein paar Stündchen oder bis zum Folgetag. Denn zumindest ich konnte die anschließenden Folgen gar nicht richtig würdigen. Bei einem weiteren Anschauen stellte ich fest, dass mir ein paar Details wirklich entgangen waren.

Für Beleuchtung der Figuren bleibt daher nicht viel Zeit – es sind vor allen Armin und Erwin Smith sowie zwei der drei Antagonisten, die hier in Szene gesetzt werden. Das heißt nicht, dass die restlichen Charakter bedeutungslos wären. Aber wenn man bedenkt, dass Mikasa eine der drei Hauptfiguren ist, doch mittlerweile neben Eren und Armin auch so manche andere Figur mehr Hintergrund und Entwicklung spendiert bekommen hat, fragt man sich, warum sie noch als solche geführt wird. Wer weiß, vielleicht ändert sich in den verbleibenden Episoden ja noch etwas daran.

Fazit:
Heftiger und emotionaler als je zuvor, aber auch sehr aufschlussreich – wer dank der Drastik der ersten Folgen nicht vor den Kopf gestoßen wird und die zwei genannten Patzer verzeihen kann, hat hier womöglich die bisher beste Staffel vor sich.

Update 21.09.2020: Dopplung im ersten Satz
Post was last edited on 21.09.2020 02:45.
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Rezensionen – Attack on Titan: Staffel 3

Avatar: Acuros
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#13
Rezensionen zu Staffel 1 und Staffel 2
Ereignisse der vorherigen Staffeln werden nicht gespoilert.

Im Gegensatz zur ersten und zweiten Staffel richtet sich der Fokus dieses Mal verstärkt auf interne Machtkämpfe und Charakterkonflikte, weswegen der klassische Kampf gegen die Titanen bis auf eine Ausnahme keine Rolle spielt.
Stattdessen gibt es aber Mensch-gegen-Mensch-Kämpfe, die auch nicht zimperlich daherkommen und vor allem in der Frühphase nicht nur gut animiert sind, sondern vor allem mit ihrer Inszenierung überzeugen. Ich sprach in meiner Staffel-1-Rezension ja schon von dynamischen "Kamerafahrten". Die kommen auch hier wieder zum Einsatz, aber teilweise noch beeindruckender.

Nicht nur, dass die Heldengruppe am Anfang von der inneren Polizei verfolgt wird, so muss sie sich nach kurzer Zeit auch mit der Entführung und einer damit einhergehenden Rettungsmission herumschlagen. Parallel dazu wird auch Erwin Smith in den Vordergrund gerückt. Im Gegensatz zu vorherigen Staffeln wird er ein gutes Stück interessanter, nicht zuletzt dank seiner Hintergrundgeschichte.
Die zuvor genannten Kämpfe bringen mit Kenny auch ein relevante Figur und gleichzeitig Gegner neu ins Spiel. Er ist ein zwiespältiger Charakter und sicher kein Sympathieträger, aber sein verschrobenes Charisma und seine Motivation in diesem Szenario machen ihn in dieser Staffel zum vielleicht interessantesten Nebencharakter. Es wird nicht übrigens nur seine Hintergrundgeschichte gezeigt, sondern auch endlich in die von Levi.

Der erste Abschnitt springt gern von einem Handlungsplatz zum nächsten und verlangt eine gewisse Grundaufmerksamkeit, belohnt den Zuschauer aber schon hier mit etlichen Hintergrundinformationen. Das Ganze mündet in einem vorübergehenden Höhepunkt, der nicht nur sehr unterhaltsam ist, sondern für die gesamte Menschheit hinter den Mauern auch einschneidende Veränderungen mit sich bringen wird.
Dafür bleibt aber keine Zeit, weil man als Zuschauer nun einen Konflikt in kleinerem, aber keineswegs weniger bedeutendem Rahmen verfolgt. Der zweite Abschnitt schließt sich nahezu nahtlos an und beantwortet weitere der etlichen Fragen, die sich dem Publikum schon eine Weile gestellt haben, z. B. der Ursprung von Erens Kräften oder das mysteriöse Auftauchen des Kellerschlüssel zu Beginn der ersten Staffel. Das ist längst nicht alles, aber ich will es dabei belassen, dass der Abschnitt insgesamt recht fesselnd ist und so einiges auf den Kopf stellt.

Da in dieser Staffel viel passiert, ist die Präsenzzeit von vielen Figuren mitunter spürbar reduziert. Das macht sich besonders bei Armin und Mikasa bemerkbar, die man diesmal schon als Nebenfiguren bezeichnen muss, während Levi und Kenny eher wie Hauptcharakter wirken. Mit Abstrichen auch Erwin und Krista, die in beiden Abschnitten so einiges an Hintergrund und auch Entwicklung spendiert bekommt, aber trotzdem seltsam putzig bleibt – ich schwanke immer noch ein bisschen zwischen leichter Irritation und Sympathie.
Der einzige Titanenkampf dieser Staffel ist zwar keineswegs undramatisch oder langweilig, aber nicht so intensiv wie Kämpfe der vorherigen Teile. Das ist gut so, weil er sich damit passend in den dezenteren Erzählstil einfügt und gewissermaßen Symbolwirkung hat. Episch ist er natürlich trotzdem. Die Handlung selbst klingt ziemlich ruhig aus, was allerdings daran liegt, dass die dritte Staffel geteilt wurde. Die letzten Szenen dienen als Vorbereitung auf die hochdramatischen Ereignisse (so viel sei verraten) der zweiten Staffelhälfte, bieten aber einen zunächst versöhnlichen Abschluss.
Und natürlich konnte man sich die sozusagen obligatorische Cliffhanger-Szene erneut nicht verkneifen, die man obskurerweise mitten ins Abspannlied eingefügt hat. Das gefällt mir nebenbei relativ gut und zwingt mir die Frage auf, ob es nicht das bessere Titellied gewesen wäre. Das eigentliche ist mit seinem leicht kitschigen J-Pop-Geklimper selbst für diese Staffel zu unaufgeregt.

Fazit:
Dank dem Fokuswechsel weg vom direkten Titanenkonflikt hin zu Politik und Charakterbetrachtung ist die Staffel eine erfrischende Abwechslung und beweist, dass Attack on Titan mehr kann als blutiges Gemetzel. Für mich bislang der beste Teil der Serie, wenn auch knapp.
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Rezensionen – Attack on Titan: Staffel 2

Avatar: Acuros
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#14
Rezension zu Staffel 1
Ereignisse der vorherigen Staffel werden nicht gespoilert.

Die erste Staffel endete mit einem durchaus fiesen Cliffhanger, der in den dreieinhalb Jahren Pause bestimmt für so manche Diskussion gesorgt hat. Staffel 2 setzt da nahtlos an und zeigt dem Zuschauer gegen Ende der erste Folge auch gleich, dass hinsichtlich Grausamkeit und Drastik die Schrauben nochmals angezogen werden.

Bei den technischen Seiten kann ich meine Ausführungen eigentlich wiederholen oder würde es zumindest gern, muss aber eingestehen, dass sich entweder schon die Vorlage oder aber die Umsetzung es nicht verkneifen konnte, so manches Ableben noch grausamer zu inszenieren. Phasenweise ist die Menge an Blut im Allgemeinen und Blutfontänen im Besonderen höher als in den ersten 25 Folgen. Man wird auch in der Summe mehr dramatische Musik hören, allerdings ist das für manche Szenen durchaus ein Pluspunkt.
Ein paar Mal wirkt so manche Mimik ein wenig extremer als zuvor, aber trotzdem: Das z. B. skurrile Level eines Higurashi no naku koro ni erreicht man hier nicht, stattdessen passt es eigentlich immer zum Geschehen. Bei den Animation sind mir diesmal jedoch mehr Standbilder und Speedlines aufgefallen als zuvor. Alles kein Beinbruch, aber die erste Staffel war da etwas besser.

Hofft man nach den ersten Minuten auf weitere Antworten, so täuscht man sich, weil gar keine Zeit dafür bleibt. Während unsere drei Protagonisten gerade im Inneren verweilen, befinden sich ein guter Teil der bekannten Nebenfiguren, u. a. Conny, Sasha, Krista und Ymir, außerhalb der Mauerstädte, als sich aus dem Süden mehrere Titanen nähern. Die Lage spitzt sich natürlich zu, weil die Annahme naheliegt, eine Mauer sei durchbrochen und der Verlust von so viel Gebiet eine Katastrophe wäre. Der erste Abschnitt widmet sich diesem mysteriösem Auftauchen, aber Attack on Titan wäre eben nicht Attack on Titan, wenn die Kacke nach nur kürzester Zeit nicht schon wieder mächtig am Dampfen wäre und dem Zuschauer auch noch so manche Enthüllung vor den Latz knallt. Einige Nebenfiguren, die in der ersten Staffel noch unauffällig blieben, bekommen in diesem Abschnitt endlich ein bisschen Raum zur Entfaltung.
Wenn man nach dem überstandenem Konflikt glaubt, dass mal ein wenig Ruhe (und daher Erholung für den Zuschauer) einkehrt, so irrt man sich gewaltig. Eine urplötzliche Enthüllung, die ohne jegliche Ankündigung kommt, resultiert in einer grandiosen und emotionalen Szene – bis dahin das Highlight des gesamten Animes, auch deswegen, weil die Musikuntermalung kaum passender sein könnte. Deren Konsequenzen bilden den zweiten Teil dieser Staffel. Das Finale ist zwar einerseits wirklich fulminant und mitreißend, aber leider sieht man hier so manche Brutalität, wo ich mir nicht mehr sicher war, ob das schon Verherrlichung ist. Dafür gibt's aber auch eine schöne und (dank der Inszenierung) fast schon bizarre Szene zwischen Eren und Mikasa, wozu auch beide Synchronsprecher erheblich beitragen.

Die drei Hauptcharakter ändern sich nicht grundsätzlich, aber man merkt schon, dass die Ereignisse auf ihnen lasten: Eren's innerer Konflikt wird intensiver und Mikasa kommt hier besser zu Geltung, weil sie an manchen Stellen mehr Emotionen zeigt als zuvor. Selbst Armin lässt sich später zu einer Handlung hinreißen, die ich so nicht erwartet hatte.
Wie oben erwähnt, bekommt so manche Nebenfigur Hintergrund und damit Tiefe spendiert, was vor allem Conny und Sasha gut tut. Ymir's Hintergrund ist zwar schon interessant, aber charakterlich ist sie nur bedingt überzeugend. Unter anderem deswegen sind auch ein paar Abschnitte später sowie der Rückblick mit Krista ein bisschen langatmig.

Fazit:
Die zweite Staffel war für mich insgesamt ein wenig schwächer, auch weil sie die Extreme nochmal ein bisschen ausloten wollte. Zuschauer der ersten Staffel werden wohl auch diese überstehen und dürfen sich neben diversen Enthüllungen vor allem auf ein paar wirklich mitreißende Szenen freuen.
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Rezensionen – Attack on Titan

Avatar: Acuros
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#15
Hypes – sobald es nur ansatzweise danach riecht, mache ich auf der Stelle einen Bogen ums Thema.
Aufgrund von Abstinenz kam ich eh drei Jahre zu spät, aber dann hat's nochmal fast vier gedauert, bevor ich mich überhaupt rantraute. Eigentlich zum Glück, denn bei einer zunehmend abgegrasten Toplist ist es natürlich günstig, wenn man sich versehentlich eine Serie aufhebt, die einem dann sehr gefällt.

Attack on Titan ist ein erbarmungsloser Anime. Es geht nicht die ganze Zeit heiß her, aber wenn, dann wird mit Brutalität, Grauen, Toten und insbesondere Blut nicht gerade gegeizt. Schon auf visueller und akustischer Seite sorgt man dafür, dass sowohl Action als auch Drama großgeschrieben werden. Der Soundtrack hat mir gut gefallen, insbesondere, weil er gut zur jeweiligen Situation passt. Spitzt sich die Lage zu, zieht die Musikuntermalung oft mit dramatischen Stücken nach, aber interessanterweise eben nicht immer – in so mancher Szene wurde sogar ganz auf Musik verzichtet. Auch die Synchronsprecher machen einen vorzüglichen Job, in Situationen voller Angst und Verzweiflung schießt zum Glück keiner übers Ziel hinaus.
Die Animationen sind recht gut, aber leider nicht durchgehend. Man wird in Actionszenen immer mal Speedlines und gelegentliche Standbilder sehen, aber das wird durch deren Inszenierung locker ausglichen, u. a. durch teils sehr dynamische "Kamerafahrten", durch die eine Szene ungeheuer intensiv werden kann.
Zusammengefasst wird man als Zuschauer zuweilen sehr heftig beschossen. Und das ist gewissermaßen das Problem bzw. die Hürde, denn die Toleranzschwelle ist hier je nach Betrachter schnell und deutlich überschritten, aus Unterhaltung wird dann einfach Unwohlsein. Daher empfehle ich als Messlatte das Ende der ersten sowie die gesamte zweite Folge. Rollt man hier schon mit den Augen (egal ob im Kreis oder nach hinten) oder hat das Gefühl, eine magenschonende Diät wäre angebracht, sollte man lieber übers Abbrechen nachdenken – das Ende der Heftigkeitsskala markiert der initiale Überfall jedenfalls nicht.

Doch schon aufgrund des Gesamtszenarios möchte man als Zuschauer auch gar kein Teil dieser Welt sein:
Nachdem vor 100 Jahren die Titanen, turmhohe menschenähnliche Wesen mit unverschämter Regeneration, große Teile der Menschheit hinfortdiniert hatten, zog sich ein Teil der Überlebenden hinter drei gestaffelte und gewaltige Mauerringe zurück – die Ausdehnung des äußersten beträgt dabei fast tausend Kilometer. Und bereits zu Beginn sieht man, dass die Menschheit gern verdrängt. Nicht nur, dass viele Menschen nie einen Titanen gesehen haben, auch die grundsätzliche Einstellung grenzt (zunächst) an Ignoranz. Das reicht vom simpelsten Bauern über den Adel, der bequem im Inneren lebt, bis hin zu Patrouille-Soldaten, die sich lieber besaufen. Eine wirkliche Ausnahme sind die Kundschaftersoldaten, die sich bei Missionen außerhalb der Mauern tapfer den Titanen stellen. Dank dem 3D-Manöver-Apparat sowie Kenntnis des Schwachpunkts können sie zwar bestehen, aber trotzdem lichten sich die Reihen der Soldaten jedes Mal erheblich, den Überlebenden wird's allzu oft mit Unverständnis und Verachtung gedankt.
Auch abseits vom Gemetzel ist die Serie nicht unbedingt harmlos. So zwingen die Folgen des erwähnten Überfalls die Obrigkeit zur einer Entscheidung, zwar ungemein grausam, aber gefühlsfrei betrachtet eben auch zwingend notwendig. Erfreulicherweise werden solche Szenen eben nicht mit dem Drama-Holzhammer, sondern mitunter regelrecht nüchtern erzählt.
Nach dem Anfang, der auch Teile der Grundausbildung sowie ihren Abschluss zeigt, verläuft die Staffel grob unter den Gesichtspunkten Überlebenskampf im Allgemeinen und Gebietskampf im Speziellen. Attack on Titan punktet im Verlauf seiner Handlung damit, dass sich so mancher Plan bzw. Strategie in Wohlgefallen auflöst und zu Improvisation und Chaos führt. Ein paar der Wendungen und Enthüllung sind zwar durchaus vorhersehbar, aber die teils weitreichenden Folgen gleichen das locker aus.

Die ernste, teils bittere Grundstimmung färbt auf effektiv alle Charakter ab – so auch auf die drei Hauptcharakter Eren, Mikasa und Armin.
Eren wird zwar auch von Rache getrieben, ist aber zum Glück nicht so eindimensional wie z. B. Thorfinn aus Vinland Saga, sondern besitzt dann schon noch ein paar Facetten mehr. Er ist gern mal impulsiv, zuweilen auch hitzköpfig, aber eben nicht dämlich und kann sich im Verlauf der Serie zunehmend besser zusammenreißen.
Mikasa, seine Adoptivschwester, hat eine interessante Hintergrundgeschichte, die u. a. zeigt, wie ihre Adoption durch Erens Familie zustande kam. In der Gegenwart hinterlässt sie aber bis auf ihre exzellenten Kampffähigkeiten und der Eren-Beschützerei auf Dauer zu wenig Eindruck.
Armin ist optimistischer als Eren und Mikasa, hat aber unter so mancher Unsicherheit zu leiden, auch weil er keine klassische Kämpfernatur ist. Dank seines Intellekts kommt er aber auf Ideen und Schlussfolgerungen, mit denen er nicht nur seinen Kameraden mehrfach den Hintern rettet, sondern auch in größerem Umfang hilft. Dadurch findet auch er letztlich seinen Platz in der Truppe.

Viele Nebenfiguren erhalten aufgrund des "straffen Zeitplans" keine wirkliche Tiefe, aber zumindest Levi sollte man erwähnen: Dessen Kampffertigkeiten grenzen zwar regelrecht an Absurdität und er hat auch ein ziemlich mürrisches Gemüt, aber entgegen meiner anfänglichen Befürchtung war er bislang der interessanteste Nebencharakter. Wobei mir Hanji mit dem Kontrast aus Ernst und leicht skurrilen, aber nicht deplatzierten Humoreinlagen ja auch gut gefallen hat.
Generell stört eigentlich keiner, wenn man davon absieht, dass Sasha in manchen Szenen doch sehr überzeichnet war.
Es gibt konsequenterweise keinen typischen Sympathieträger, aber dafür auch keine abgedroschene Klischeefigur.

Fazit:
Ein ziemlich extremer Anime, der es in meinen Augen schafft, seine Zutaten hervorragend zu vermischen. Ob einem das fertige Gericht dann schmeckt, ist eine andere Frage, denn bei der Würzung spart Attack on Titan jedenfalls nicht.
Wer sich sorgt, dass ihn nachfolgende Staffeln enttäuschen könnten, den kann ich beruhigen: Der Anime hält die Qualität weitestgehend.
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Rezensionen – Vinland Saga

Avatar: Acuros
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#16
Vinland Saga ist als Anime schon ziemlich ungewöhnlich – die Thematik Wikinger ist noch unverbraucht und der Handlungsverlauf wirkt wesentlich realer als man es sonst so kennt. Allein deswegen ist das Werk eine erfrischende Abwechslung. Frei von Schwächen ist es jedoch nicht.

Mit der Erzählung wäre ich eigentlich völlig zufrieden, aber leider hat die Motivation der Hauptfigur Thorfinn einen Ursprung, der erst nach ein paar Folgen gezeigt wird. Weil man als Zuschauer zwangsläufig gespoilert wird (außer man schaut ganz ahnungslos), sind die ersten Folgen schon allein wegen Thors' Hintergrundgeschichte interessant, büßen aber eben auch an Spannung ein.
Sonst ist die Handlung für meinen Geschmack aber die größte Stärke der Serie. Man bleibt durch den historischen Kontext von einer abstrusen Geschichte verschont, denn der Autor hatte ja schon eine Arbeitsgrundlage und konnte die kreative Energie dafür nutzen, die Geschichte rund um die Wikingertruppe einzuarbeiten.
Zeitlich gesehen spielt die Serie kurz nach dem Ende des 1. Jahrtausend im Rahmen der Eroberung von England durch Dänemark. In diesen Konflikt eingebettet verfolgt man die Erlebnisse des Trupps und der Autor war sich dabei auch nicht zu schade, den Rahmenkonflikt zeitweise in der Hintergrund zu schieben und stattdessen den Fokus auf den Überlebenskampf der Truppe oder die Flucht vor Feinden zu legen. In der zweiten Hälfte spitzen sich dann sowohl manche Charakterbeziehungen als auch die Rahmenhandlung selbst zu – das Finale sei hier besonders lobend erwähnt.
Erzählerisch ist Vinland Saga ein gutes Stück über dem Durchschnitt.

Der rote Faden der Handlung sind die Erlebnisse von Thorfinn. Nun ist dieser Anime aus Sicht des Mangas nur der Auftakt (die letzte Folge heißt bezeichnenderweise "End of the Prologue"), daher reduziert sich Thorfinns Wesen effektiv auf "Rache für Papa". Weder fand ich ihn interessant noch sympathisch noch mitreißend, sein Motiv hatte sich für mich schon vor der Halbzeit abgenutzt. Die Duelle mit Askeladd waren deswegen auch nicht sonderlich aufregend. Ab und zu sieht man, dass da schon noch andere (immer noch kindliche) Züge vorhanden sind, aber das ist meist nur ein Aufblitzen. Erst gegen Ende merkt man, dass sich doch allmählich was in seinem Kopf tut.

Dafür wirkt Askeladd als Anführer der Wikingertruppe mehr wie ein Hauptcharakter. Er ist mindestens genauso gewissenlos wie der Rest seines Haufens, hat aber wesentlich mehr Facetten und eine Hintergrundgeschichte, die im Verlauf der Handlung auch immer relevanter und interessanter wird. Dann gibt es natürlich noch etliche Nebenfiguren im Trupp, von denen Kanute ("Knutoh") zwar erst nach einer Weile auf den Plan tritt, aber dafür die interessanteste und drastischste Entwicklung durchmacht. Er ist auch der einzige, der Thorfinn ab und an (ungewollt) ein bisschen vom ewigen Pfad der Vergeltung ablenkt, wenn auch nie dauerhaft. Man könnte auch noch Leif erwähnen, aber der bekommt zu wenig Zeit, um wirklich Eindruck zu hinterlassen.

Und dann Thorkell, die wandelnde Absurdität: Zweieinhalb Meter groß und wahrscheinlich doppelt so viele Zentner schwer, vermag er es zum Beispiel mit einem Axtwurf über hunderte Meter(!) mehrere Männer(!) in einer Reihe(!) schwer zu verletzen, inklusive Abtrennung von Händen. Ein Leistung, die ich spontan mit einem klassischen Stirngriff würdigen musste. Die Hand blieb gleich dort, weil der gute Herr auch noch Baumstämme wie einen Kampfstab herumwirbelt und anschließend sonst wie weit wirft, um ein Schiff zu versenken. Und es bleibt nicht dabei - der Protagonist z. B. bekommt ein paar mal so schwer was ab, dass er eigentlich mausetot sein müsste. Diese unrealistischen Actionszenen (zum Glück nicht alle) hinterlassen einen fahlen Eindruck, weil die Serie sonst realistischer als viele andere Werke daherkommt – ich muss das schon als Stilbruch bezeichnen.
Thorkell selbst passt irgendwie auch nicht ganz ins Schema. Ich war mir nie sicher, wie viel Naivität echt ist und wie clever er am Ende ist. Sein putziges Verhalten war zumindest unterhaltsam.
Es gibt also es keinen klassischen Sympathieträger; weil die meisten Figuren entweder blutrünstige Wikinger sind oder zum Adel gehören, sollte das auch keinen verwundern. Die klassischen Animen-Tropen wird man jedenfalls nicht sehen, doch bei der Vertonung frage mich, ob man nicht ein kleines bisschen auf Nummer sicher gespielt hat. Vielleicht konnten sich die Synchronsprecher auch einfach nicht weit genug verbiegen – ein bisschen animetypisch klingt's zuweilen eben doch.

Soundtrack und Optik sind aber großartig. Ein passender und detaillierter Zeichenstil gepaart mit ziemlich guten Animationen und passender, aber nicht klischeehafter Musik haben mir das Sehvergnügen durchaus versüßt. Schade, dass etliche Animationen für so manchen Unfug verballert wurden. All die Blutbäder haben mich übrigens erstaunlich kalt gelassen. Vielleicht liegt's daran, dass man hier nicht wie sonst Bezug zu den Figuren aufbaut oder dass die Inszenierung nicht so gelungen ist ... oder daran, dass ich einfach schon zu abgestumpft bin. Für Leute mit schwachem Magen sollte es trotzdem "reichen".

Fazit:
Ein ziemlich guter Anime, der auch großartig hätte sein können, wenn da nicht die noch fade Hauptfigur und der unrealistische Pfeffer im Zusammenhang mit Thorkell wäre.

Update-Historie:
Wenige Minuten nach Veröffentlichung: Einfügen der Charakter-Verlinkung
27.08.2020 "Fazit:" muss fett sein + Fehlerchen und Absatz auftrennen
03.09.2020 Ausbesserung so manch ungelenker Formulierung
12.11.2020 Ausbesserung im Thorfinn-Absatz (»sein Wesen« -> »Thorfinns Wesen«) und an wenigen anderen Stellen.
Post was last edited on 11.11.2020 19:33.
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Rezensionen – Tower of God

Avatar: Acuros
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#17
Vorbemerkung:
Quasi aus Gewohnheit verwende ich die Namen, die mir aus Untertiteln und Vorlage bekannt sind, hänge hier aber eine entsprechende "Übersetzung" an. Sollte einer fehlen, könnt mir mich zwecks Ergänzung gern über PN informieren.
Charakternamen (Vorlage <> aniSearch): Bam <> Baam // Rhak <> Rak // Anaak <> Anak // Endorsi <> Androssi

Tower of God setzt seine koreanische Vorlage Sinui Tap relativ werksgetreu um – deren englische Übersetzung wird übrigens tatsächlich legal und kostenlos zur Verfügung gestellt. Dadurch bemerkte ich bereits beim stichprobenartigen Lesen, dass so manche Szene, vermutlich aus zeitlicher Notwendigkeit, gekürzt bzw. weggelassen und auch einige Dialoge und Geschehnisse abgewandelt wurden. Kenner der Vorlage werden sich an manchen Stellen wundern oder gar ärgern, aber dem Rest wird's so gut wie nicht auffallen, wie ich aus eigener Erfahrung sagen kann.

Die Geschichte ist im Kern ein Fighting-Shounen: Es gibt diverse Kämpfe und Konflikte und die Hauptfigur hat eine Motivation, ein bestimmtes Ziel zu erreichen – in diesem Fall die Besteigung des namensgebenden Turms, auf dessen Spitze angeblich jeder Wunsch erfüllt wird. Die gesamte Staffel ist aber lediglich die Prüfung in Form von mehreren Tests, um zu ermitteln, ob die Kandidaten überhaupt würdig sind.
Die Tests an sich sind grundsätzlich nicht uninteressant. Der erste z. B. mag einfallslos wirken, kommt aber mit einer ganz hübschen Wendung daher und stellt natürlich auch die Figuren vor, derer es etliche gibt. Spätere Tests rücken neben dem Leitmotiv der Turmerklimmung auch stärker Kämpfe und damit einhergehende Charakterkonflikte in den Vordergrund. Von der Kreativität und Intensität her waren die Kämpfe jedoch oft eher Mittelmaß, dafür wurden sie aber ganz ordentlich animiert, so wie die Serie im Allgemeinen.

Schon die ersten Minuten vermitteln die relativ ernste, melancholische und einsame Grundstimmung des Animes – eine, die für Fighting-Shounen nicht unbedingt typisch ist. Fast möchte man von einem erwachseneren Anstrich sprechen.
Das Werk konzentriert sich ganz auf den Turm und lässt die Welt drumherum fast vollständig außen vor, abgesehen von wenigen Andeutungen, und wirkt daher irgendwie ein bisschen surreal bzw. weltentrückt. Dank der Mischung aus Stimmung, sagenartigen Anstrich, dem Shinsu (eine in unterschiedlich stark Konzentrationen vorkommende, sehr handlungsrelevante Substanz) und eher typischen Fighting-Shounen-Elementen hat der Anime klar das Potential, zu unterhalten ...

... doch leider hatte man bei der Umsetzung nicht den Mut oder die Fähigkeit, das einheitlich durchzuziehen. Stattdessen demontiert der Anime sich selbst, weil reichlich Slapstick-Einlagen einbaut wurden, die in der Vorlage noch erträglich sind, aber im Anime bis auf wenige Zufallstreffer richtig fehl am Platz wirken. Ich weiß gar nicht mehr, wie oft ich geseufzt oder mit den Augen gerollt habe – mitunter auch beides zugleich.
Es ruiniert in einer Tour einen Großteil der Charakter-Interaktionen und damit auch die Grundstimmung als solches, weil die Figuren plötzlich in den "Idiotenmodus" wechseln. Sachlicher formuliert erlebt man es viel zu oft, dass sich ein Charakter eben "out of character" verhält. Wenn ein Gros der Meute dadurch inkonsistent und unglaubhaft wirkt, wird es auch nichts mit dem Hineinversetzen.

Von den relevanteren Figuren bleiben wenigstens der Protagonist Bam und Rachel verschont. Nur leider ist Bam in dieser Staffel keine sonderlich interessante Figur. Boshaft formuliert könnte man seine Motivation auf "Ich will zu meiner Mama" reduzieren, doch auch wenn er weichlich wirken und naiv sein mag, ist er zum Glück keine Heulsuse, sondern nimmt die Dinge auch mal selbst in die Hand. Nach dem gelungenen Cliffhanger am Ende von Folge 12 sowie den Enthüllungen in der finalen (und für mich besten) Folge darf man gespannt sein, was aus ihm wird.
Apropos "Mama": Rachel, gesprochen etwa "Rahel", ist natürlich nicht seine Mutter, hat sich aber um ihn gekümmert, bis der Turm nach ihr rief, und nimmt in Bams Leben eine essentielle Rolle ein. Da ich mich hier nicht aufs Spoiler-Glatteis begeben möchte, nur so viel: Man erhält bei ihr nicht nur die meisten Einblicke, sondern auch die spätesten, weswegen sie bis dahin verschlossen und etwas rätselhaft wirkt.
Vom Rest ist Khun ganz solide, bei Rhak, dem Comic-Relief-Nervtöter, sind Hintergrund und Charakterentwicklung nicht einmal Fremdwörter und der Jogging-Anzug-Träger ist kaum besser. Ansonsten hatten Anaak und Endorsi noch Potential ... aber wie gesagt: So gut wie jede Figur, die aus der Statistenrolle ausbricht, ist vom unpassend inszenierten Humor betroffen, wenn auch in verschiedenen Stärkegraden.

Da spielt's kaum noch eine Rolle, dass auch unabhängig davon ein paar ungeschickt geschriebene Szenen vorhanden sind. Manche ernstere Emotion wirkt seltsam oder gar erzwungen und insbesondere die kollektive spätere Reaktion auf das extrem Verhalten einer bestimmten Figur war schlichtweg absurd. Diese Szene gibt's aber nur im Anime – eine Verschwendung von Zeit, die man lieber mit ausgelassenen Szenen hätte füllen sollen.

Der Zeichenstil von Tower of God ist definitiv mal etwas anderes, denn allein die Linien sind gröber und wirken teilweise unsauber gezeichnet. Das ist aber keine Schlamperei, sondern Stilmittel und zieht sich konsistent durch die gesamte Umsetzung. Nach etwas Eingewöhnung hat mir das ziemlich gut gefallen, schon allein, weil sich der Anime damit von der Masse abhebt. Deutlich auffälliger ist der Unterschied zur Vorlage, wo sämtliche Charakterzeichnungen amateurhafter bzw. unförmiger wirken. Wobei man gerechterweise sagen muss, dass der Stil bestimmt auch deswegen angepasst wurde, damit er mehr wie Anime wirkt.
Auch der Soundtrack ist keine Standardware. Während einer Actionszene hörte ich doch tatsächlich so was wie Jazz mit Klavier und auch sonst gab's ein paar ungewöhnlichere Töne, relativ oft eine Mischung aus orchestraleren und elektronischen Klänge. Trifft meinen Geschmack jetzt nicht sonderlich, passte aber meist gut zur Stimmung.

Fazit:
Die Antwort auf die Frage, ob der Anime sonst großartig geworden wäre, lohnt nicht mehr – und genug Kritik gab's jetzt auch. Also gibt's als abschließendes Urteil eine mir sehr vertraute Reaktion: Ein resigniertes Seufzen.

Update-Historie:
03.09.2020 Absatz 1+2 etwas ausgebessert
09.09.2020 Fehlerchen, wenige kleine Ausbesserungen
Post was last edited on 09.09.2020 11:16.
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Rezensionen – Re:Zero - Starting Life in Another World

Avatar: Acuros
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#18
Vorbemerkung:
Ich habe den sogenannten Director's Cut gesehen, aber der ist m. W. n. bis auf eine Szene ganz am Ende identisch, weshalb ich mich hier brav in die reguläre Ausstrahlung einreihe.


Ich versuche mittlerweile ja, mir das Motto "Weniger ist mehr" zu Herzen zu nehmen, wenn ich Texte schreibe, aber hier war mir von vornherein klar: Das wird nix.
Re:Zero kara Hajimeru Isekai Seikatsu (im Folgenden einfach nur noch Re:Zero) hat's mir nicht grad leicht gemacht. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal einen Anime gesehen habe, der so verworren ist und auch deutlich an seinen Schwächen leidet, es aber seltsamerweise dennoch geschafft hat, mich an den Bildschirm zu fesseln – sogar in seiner Tiefphase.

Ein Isekai-Anime. Ja, schon, aber in diesem Fall wird aus dem "Weltenwechsel" erst gar kein Drama gemacht. Stattdessen dreht sich im Kern alles um die Fertigkeit von Subaru, dem Helden der Geschichte: Stirbt er, macht er effekt einen Zeitsprung zurück an einen festen Zeitpunkt, behält aber seine Erinnerungen – und nur er.
Das Konzept klang auf dem Papier sehr interessant (weil es das ist), nur leider gibt es dabei ein ganz klares Problem: Die vielen Resets ("Return by Death") sind nicht nur für den Helden belastend.

Man muss als Zuschauer immer wieder damit zurecht kommen, dass zwischenzeitliche Ereignisse und damit einhergehende Entwicklung von Nebenfiguren null und nichtig sind. Nach dem x-ten Mal wird das zwar nicht langweilig (das wissen all die drastischen Vorkommnisse schon zu verhindern), aber dafür immer anstrengender bzw. verwirrender. Das wirkt sich auch auf die ganzen Nebenfiguren negativ aus, weil der Bezug zu ihnen zunehmend schwerer fällt.
Da muss man es dem Anime schon hoch anrechnen, dass zumindest Emilia und Rem beide relativ liebenswert rüberkommen – auch wenn es bei Rem ein Weilchen dauert und der entscheidende Entwicklungssprung etwas abrupt wirkt (obwohl er es nicht ist, wenn man genauer darüber nachdenkt).
Emilia hat mir von Anfang an gefallen (nicht nur optisch), doch leider glänzt sie bei fortschreitender Dauer immer mehr mit Abwesenheit. Was schade ist, denn gemeinsam sind die zwei ziemlich herrlich. Rem konnte das dann leider nicht ganz ausgleichen.
Zum Glück hält der Cast noch diverse andere Figuren bereits, die zwar nicht wirklich aus ihrer Schublade rauskommen, aber meistens entweder sympathisch, leidlich interessant oder einfach schräg sind - manchmal auch gleich zwei Eigenschaften zugleich. Das sorgt dafür, dass Meute immerhin nicht blass bleibt oder gar stört. Das ist ja leider überhaupt keine Selbstverständlichkeit im Animebereich.

Damit ist klar, dass Subaru das Werk zu einem Großteil alleine tragen muss – angesichts der ganzen Resets eine sehr undankbare Aufgabe. Nur wirkt sein Charakter ziemlich inkonsistent: Er soll ein Hikikomori sein, kommt dafür zunächst erstaunlich selbstbewusst rüber. Mal spielt er sich auf wie ein Pausenclown (vor allem zu Beginn), dann wirkt er wieder ernst, dann ungeheuer niedergeschlagen usw. usf.
Es ist nicht mal so, dass das alles nicht zusammenpassen könnte oder dass diese Wechsel ausschließlich abrupt kommen, aber allzu oft wirkt sein Verhalten irritierend, gerade zu Beginn. Die Komplexität einer Figur kann nur wirken, wenn sich ausreichend Zeit genommen wird, sie zu beleuchten. Da dass hier nicht so ganz der Fall ist, schießen auch manche der dramatischen Anwandlungen übers Ziel hinaus. Noch komplizierter wird es, weil er über seine Fähigkeit nicht sprechen kann.

Das führt dazu, dass ein gewisser Abschnitt ab etwa der Mitte recht zäh und anstrengend wirkt. Er stellt den Fall der Hauptfigur dar, aber zu dem Zeitpunkt ist der Hauptcharakter längst nicht gut genug ausgearbeitet, sodass gerade hier das ganze Drama überhaupt nicht richtig wirken kann. Und nicht nur das – bis Subaru sich endlich zusammen reißt und eine ganz ansehnliche Wende durchmacht, die zur Entlastung des Zuschauers auch zwingend nötig ist, wird's teilweise recht bizarr und grausam. Betrachtet das als Vorwarnung, leichte Unterhaltung ist's jedenfalls nicht.

Und dann wirkt auch die Handlung etwas ziellos. Dass Subaru eigentlich aus einer anderen Welt kommt, scheint bis auf ein paar effektlose Erwähnungsversuche kaum ein Thema zu sein. Warum er eigentlich transferiert wurde, warum er seine Fähigkeit hat und ob er wieder zurück will, bleibt in Staffel 1 ungeklärt. Die folgenden Staffeln werden hoffentlich mehr aufklären.

Das liest sich alles sehr kritisch, doch wie eingangs erwähnt, hält der Handlungsverlauf vor allem außerhalb des Mittelteils ziemlich gut bei der Stange. Ich wollte schon gerne wissen, was noch so alles passiert und wie sich alles entwickelt (und ob Subaru irgendwann wirklich durchdreht) – und dass weiß Gott genug passiert, steht außer Frage. Außerdem ist es schlichtweg spannend, dabei zuzusehen, wie Subaru verzweifelt versucht, die ihm wichtigen Mensch vor Unheil zu bewahren, es aber zunehmend schwerer hat, weil die meisten Figuren natürlich nicht das Warum nachvollziehen können.
Als Ausgleich bekommt man nicht nur tatsächlich amüsante Szenen zu sehen, sondern auch so manche schöne. Ein Großteil ist natürlich auf die Interaktion von Subaru mit Emilia oder Rem zurückzuführen. Dass der Autor an etlichen Stellen Humor eingebaut hat, war auf jeden Fall wichtig, andernfalls wäre das Werk sicher zu erdrückend. Pluspunkt dafür, dass er an so mancher Stelle ein bisschen ins Skurrile geht, so was mag ich besonders.

Technisch fand ich den Anime in Ordnung. Von Animation und Zeichenstil her hat mir das Gebotene gereicht – die Hintergründe in Kombination mit Lichteffekten haben mir ganz gut gefallen. Der Soundtrack bleibt nicht lang im Ohr, erfüllt aber seine Rolle zumindest passabel.
Die Synchronsprecherin von Emilia hat mir am meisten zugesagt, wobei auch die von Rem recht angenehm war (bzw. wurde). Den wohl undankbarsten Job hatte die Person, die Subaru vertonen musste. Angesichts der schwierigen Situation machte er seine Sache aber ganz gut. Eine gesonderte Erwähnung für den Sprecher von Roswaal, dessen Singsang zwar ziemlich gewöhnungsbedürftig war, aber vorzüglich zur Rolle gepasst hat.

Fazit:
Re:Zero ist schon eine Marke für sich. Eine mit einem ziemlich interessanten Hauptfeature, unter dem sie aber genauso leidet wie unter der nicht genug ausgearbeiteten Hauptfigur. Schafft man es, den mittleren Teil zu überstehen (was nicht ganz ohne ist), kann es durchaus sein, dass einen der Rest entlohnt. Oder eben nicht – neben Subaru dürfte das der Hauptgrund sein, warum die Meinungen ein gutes Stück auseinandergehen.
Tja, und wenn ich jetzt nochmal Revue passieren lasse, dann sollte ich dem Autor der Vorlage wohl das Gleiche empfehlen wie mir zu Beginn: Weniger ist mehr.
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Rezensionen – Smile Down the Runway

Avatar: Acuros
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#19
"Echt jetzt? Ein Anime übers Modeln? Hätt's das unbedingt gebraucht?". Ich könnte jetzt den Fiesling spielen und mit "Nö, eigentlich nicht" antworten, aber stattdessen sage ich lieber: Meine Einstellung zu dem Thema hat sich nicht geändert, dennoch habe ich den Anime relativ gern geschaut.

Wir haben hier trotz des unverbrauchten Settings einen typischen Ganbatte-Anime, man kann sich also darauf einstellen, was einem im Groben erwartet: Diverse Höhen und Tiefen in einem wie so oft idealisierten Umfeld, erlebt von einer Hauptfigur, mit der man mitfiebern soll. Ergo im Wesentlichen das, worauf ich gehofft habe.
Wobei Runway de Waratte mit gleich zwei Disziplinen und somit zwei Hauptfiguren (Chiyuki und Ikuto) ja schon mal ungewöhnlich ist.

In meinem Fall hat mich das "passenderweise" zu gleich zwei Falschannahmen geführt.
Erstens: Auch wenn die zwei immer wieder aufeinandertreffen, die Erfolgswege der zwei Helden verlaufen kaum zusammen. Sieht man von der 3. Folge ab, machen die beiden sozusagen nie wirklich gemeinsame Sache (hätte mir besser gefallen).
Zweitens: In den 12 Folgen bekommt Ikuto spürbar mehr Aufmerksamkeit geschenkt als Chiyuki.

Und das ist bedauerlich.

Sieht man mal davon ab, dass ich nicht der größte Fan von Ikuto's Synchronsprecher bin (genauso wenig wie bei Tanjirou aus Kimetsu no Yaiba), ist mir sein Charakter auch erstmal zu glatt. Diese Kombination aus brav, lieb und auch naiv ist zumindest bei mir fürs klassische Ganbatte-Mitfiebern nicht so förderlich. Allerdings rettet es seine Leidenschaft fürs Entwerfen und Anfertigen der Kleidung – und im Zusammenhang damit auch die Freude darüber, wenn jemand seine Klamotten mag oder gar trägt. Ikuto ist schlichtweg aufrichtig, was für mich die Hauptursache der Sympathie war – das und die Tatsache, dass Ikuto im Laufe der Staffel doch ganz langsam anfängt, ein wenig Kampfgeist zu entwickeln. Der Autor hat es zum Glück nicht versäumt, dem effektiven Protagonisten Charakterentwicklung zu spendieren.

Chiyuki ist fürs Modeln deutlich zu klein, aber das hält sie die gesamten 12 Folgen nicht davon ab, diesen Weg stur weiterzugehen (wortwörtlich), natürlich sehr zum Leid für manche Nebenfigur. Es mangelt ihr, im Gegensatz zu Ikuto, nicht an Selbstbewusstsein und ebenfalls nicht an Aufrichtigkeit. Beides Gründe, warum die beiden Figuren hervorragend harmonieren und sich gewissermaßen gegenseitig anziehen. Es gibt diverse Szenen mit den beiden, die deutlich dazu beitrugen, dass mir der Anime gefallen hat.
Und es hätte noch viel besser sein können, hätte man Chiyuki eben mehr in den Vordergrund gerückt. So manche ihrer Erlebnisse verlaufen parallel zur Handlung offscreen und werden bestenfalls in kurzen Rückblenden oder gar nur durch Nebenfiguren thematisiert.
Rein subjektiv kam sie mir gegen Ende schon fast wie eine Nebenfigur vor. Das ist bitter, weil sie den Anime mühelos allein tragen könnte. Hier wurde Potential liegen gelassen – ich kann nur hoffen, dass das im Manga nicht so bleibt.
Ihre Synchronsprecherin hat mir auch außerordentlich gefallen. Dass die Frau es kann, konnte man schon bei Hayasaka Ai aus Kaguya-Sama: Love is War hören.

Stattdessen wird später der Fokus auch noch zusätzlich auf eine Nebenfigur (Kokoro) gelegt, die aber leider eine noch blassere Variante von Ikuto ist. Ihre Umstände klingen auf dem Papier ja ganz vielversprechend: Ein Model, dass lieber Modedesigner sein möchte, aber nicht darf. Allerdings reicht die Serienlänge auch hier nicht aus, um sie selbst interessant zu machen und sie ausreichend zu behandeln, ergo kann der Konflikt seine Wirkung auch nicht entfalten.

Bei 12 Folgen sollte man sich auch nicht zu viele "Wettkämpfe" erwarten. Das beschränkt sich auf die Modeschau in Folge 3 (effektiv Feuertaufe für Chiyuki und Ikuto) und auf den Wettbewerb im letzten Viertel. Über die ganzen oft skurrilen Outfits konnte ich meist nur den grinsend Kopf schütteln, dennoch habe ich die Events relativ gebannt verfolgt. Trotz all der genannten Problemchen ist der Cast dann doch relativ liebenswert.
Bonuspunkt für die Szene mit Ikutos Mutter in Folge 10 – vielleicht der schönste Moment der ganze Serie.

Der Anime sammelte auch Pluspunkte mit der Inszenierung. Mindestens solide Animationen gepaart mit einem schönen und sauberen Zeichenstil, passender Musik (grad bei den Events) sowie ausreichend Humor und nicht übertriebenem Drama sorgten dafür, dass ich bei der Stange blieb. Das rechne ich Mangaka, Animationsstudio usw. durchaus hoch an.

Fazit:
Ein handwerklich gut gemachter und eigentlich auch schöner Anime, der aber etwas unter dem Präsenz-Ungleichgewicht seiner Figuren sowie der zur kurzen Länge leidet – die meisten bekannteren Ganbatte-Animes haben wenigstens doppelte Länge. Das ist übrigens auch der Grund, warum ich auf den Rest des Casts nicht eingegangen bin: Er erfüllt seine funktionale Rolle ganz gut, hat aber zu mehr nicht ansatzweise die Chance bzw. die Zeit.
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Rezensionen – Astra Lost in Space

Avatar: Acuros
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#20
Ein Hinweis zum Genre:
Action als Hauptgenre (Stand 18.08.2020) finde ich verwunderlich, denn der Drama-Anteil ist nicht zu unterschätzen und eigentlich allgegenwärtig. Actiondrama passt meiner Meinung nach besser. Das nur vorab, falls hier jemand einen "richtigen" Actionanime sucht.

Kanata no Astra hat mich weit positiver überrascht, als ich es erwartet habe. Erstens wurde die ganze Geschichte umgesetzt, was bei effektiv 14 Folgen – zwei haben Doppellänge – ja nicht üblich ist (auch wenn die Mangavorlage selbst recht kurz ist). Zweitens ging das Gebotene dann deutlich über das hinaus, womit ich gerechnet habe. Und drittens: Trotz etlicher Zutaten kommt am Ende ein überraschend stimmiges Werk heraus.

Die Beschreibung suggeriert, man habe hier lediglich einen Abenteueranime vor sich - so mancher Kommentar spricht sogar von "Raumschiff Voyager"-Vibes. Das stimmt so nicht: Auch wenn die Rückreise über verschiedene Planeten zwecks Aufstockung von Ressourcen das zentrale Element ist, so bleibt es nicht das einzige. Das sieht man spätestens am Ende der zweiten Folge. Es hört mit dieser Enthüllung auch längst nicht auf, aber mehr will ich aus Spoilergründen nicht anschneiden. Es hat jedenfalls dafür gesorgt, dass ich bis zum Ende gespannt dabei blieb.
Allerdings sollte man sich nun nicht die Revolution in Sachen Originalität und Anspruch erhoffen. Kanato no Astra vereint etliche Handlungselemente, die man aber alleinstehend in anderen Animes wiederfinden wird, meistens werden diese dort auch mit mehr Tiefgang behandelt. Die Qualität bzw. der Charme der Serie hingegen rührt von der gelungenen Mischung her.

Den reichlich vorhandenen Humor fand ich die meiste Zeit großartig, so viele Lacher in einer Staffel hatte ich schon lange nicht mehr. Nicht nur, dass ich Slapstick im richtigen Maß (immer eine Gradwanderung zwischen fad und peinlich bzw. dämlich) mag, hier resultiert das in so vielen herrlichen, mitunter absurden, Dialogen bzw. Szenen, dass ich einfach köstlichst unterhalten wurde. Und da kommt dann erst noch hinzu, dass der Wechsel von und zu ernsteren Szenen in fast allen Fällen verblüffend flüssig abläuft und die vielen ernsteren Momente überwiegend überzeugen können. Zudem gibt es gleich mehrere dieser "berüchtigten" Szenen, die einem das Salzwasser in die Äuglein treibt.
Es passiert leider viel zu selten, dass diese Genres bzw. Stimmungen so gut verzahnt werden. Hier sollte ich aber auch Animationsstudio und Synchronsprecher (wie so oft tolle Arbeit) hervorheben - ich denke, erst durch Inszenierung und Vertonung konnte dieser Mix so gut wirken.

Das Erzähltempo ist die meiste Zeit relativ hoch. Aufgrund fehlender Manga-Kenntnisse weiß ich nicht, wie sehr das Animationstudio (u. a. für Ansatsu Kyoushitsu und Kuzu no Honkai verantwortlich) zu Kürzungen gezwungen war, um auf single cour zu kommen, aber ich war schon verwundert, dass die Flugphasen zwischen den Planeten (teilweise mehrere Wochen) praktisch nie zu sehen waren. Immerhin ist deren Fehlen nicht sonderlich schlimm, denn hinsichtlich Entwicklung bei Handlung und Charakteren scheint nichts auffällig zu fehlen.
Schwerer wiegt aber, dass man es sich an manchen Stellen zu offensichtlich zu einfach macht. Ein paar Missetaten beteiligter Figuren werden vom Rest viel zu schnell und viel zu leicht verziehen und haben kaum weitere Konsequenzen, das Finale läuft zu glatt ab (politisch gesehen auch inkonsequent) und die gestrandeten Schüler stecken manches Erlebnis vielleicht ein bisschen zu gut weg – oder besser gesagt: Zu schnell.

Der Einstieg dient zur Vorstellung der Hauptakteure, ist aber alles andere als optimal. Die Figuren wirken auf Anhieb wie aus der Schublade gesprungen: Leicht dümmlich wirkendes Mädel, das viele Freude finden will, draufgängerischer Möchtegernanführer, stoischer Wissenschaftstyp, Einzelgänger, Tsundere, extrem schüchternes Mädel usw. sowie ein zehnjähriges Kind, das eher wie 6 wirkt - auch das ist leider furchtbar typisch in diesem Medium.
Kurz: Der Stereotypen-Alarm geht direkt los und nicht gleich wieder aus. Somit will auch der Humor erst mal nicht zünden, der erste Abschnitt wirkt direkt zäh und macht nicht wirklich Lust auf mehr. Das ändert sich zum Glück schnell (schon in Folge 1) und im Verlauf gewinnen praktisch alle Figuren sowohl an Hintergrund (und damit Tiefe) als auch an Sympathie und entwickeln sich mitunter deutlich weiter.
Vor allem aber harmoniert der ganze Cast nach und nach immer besser und wächst einem sozusagen direkt ans Herz. Auch etwas, dass ich in den ersten 20 Minuten nicht unbedingt geglaubt hätte.

Beim Technischen fasse ich mich mal wieder kurz: Animationsniveau ist in Ordnung, mir kam es jedenfalls nicht so vor, als würde man mich mit Standbildern zuballern. Zeichenstil hat mir gut gefallen, besonders bei der Darstellung einiger Planeten (da gab's ein paar coole Ideen). Der Soundtrack allein reißt bestimmt keinen vom Hocker und ist eher Durchschnitt, wenn überhaupt. Reicht zur Untermalung der Szenen und stört beim Anschauen auch nicht.

Fazit:
Popcorn-Kino fände ich als Bezeichnung gemein, darüber hinaus geht es dann schon - aber nichts desto trotz ist Kanato no Astra ein fast durchgehend einnehmender und unterhaltsamer Anime, der vor allem aufgrund der gelungenen Genremischung herausragt.

Update-Historie
24.08.2020 Ausbesserung von ein paar Formulierungen und Fehlerchen
Post was last edited on 24.08.2020 12:05.
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Rezensionen – Glass no Kamen (2005)

Avatar: Acuros
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#22
Glass no Kamen basiert auf einer seit über 40 Jahren laufenden Mangavorlage. Das führte sogar dazu, dass der Umstand zuletzt in Tensei Shitara Slime Datta Ken satirisch erwähnt wurde. Beim ersten Anschauen im März 2011 litt ich in den ersten 11 Folgen fürchterlich, der Anime war gefühlt dauerabbruchsgefährdet. Kurioserweise war der Bann danach gebrochen und ich suchtete das Werk in einem Rutsch durch.

Glass no Kamen ist ohne Frage ein Ganbatte-Anime: Wir verfolgen den Werdegang eines jungen Mädchens, das in die Welt des Schauspiels hineingezogen wird und sowohl während der diversen Aufführungen als auch abseits davon Erfolge und Misserfolge erlebt. Knackpunkt und Hauptmotivation ist das legendäre Stück "The Crimson Goddess". Das wurde seit langer Zeit nicht mehr aufgeführt, weil die einzige befähigte Schauspielerin verletzt wurde und seitdem inklusive Aufführungsrechte verschwunden war. Natürlich ändert sich das mit Beginn der Serie und sorgt für diverse Spannungspunkte bis hin zu regelrechten Konflikten.

Es ist keine Überraschung, dass die Hauptfigur ein Ausnahmetalent ohnegleichen ist und dass das Werk ihren Aufstieg samt Höhen und Tiefen zeigt. Da die Vorlage sozusagen zur alten Schule gehört, finden sich auch eine kompetente Rivalin, teils geheime Verehrer sowie eine relativ strenge Mentorin.
Nicht so oft habe ich erlebt, dass die Handlung abseits der Aufführungen mehr als nur Mittel zum Zweck ist. Sie trägt entscheidend zur Charakterentwicklung und zur überwiegend fesselnden Wirkung bei. Und da Schauspielerei ja auch kein klassischer Wettbewerbssport ist, könnte der Anime also durchaus als Drama durchgehen. Die Geschichte wird relativ dicht und schnell erzählt, an manchen Stellen schon fast zu schnell. Zwar endet die Umsetzung aufgrund der Vorlage offen, aber der Abschlusspunkt ist gut gewählt, nicht dazu gedichtet und verdirbt auch nicht den Schlussabschnitt, der stimmungsmäßig nochmal heraussticht.
Bereits davor bieten die Schauspiele diverse Höhepunkte. Die Folgen 12, 17, 23 sowie 37+38 (ein Zweiteiler) seien hier besonders erwähnt, aber auch die restlichen Werke müssen sich nicht verstecken. Insbesondere weil sie sich nicht nur geschichtlich, sondern auch in ihrem Schema angenehm unterscheiden und somit eigentlich keine Abnutzungserscheinungen auftreten. Natürlich werden die Stücke nicht in voller Länge gezeigt, vielmehr geht es darum, wie die Protagonisten die damit einhergehenden Herausforderungen bewältigen.
In der Mitte des Werks muss ich einen leichten Hänger attestieren, der aber zum Glück nicht schlimm ist und auch nicht lange dauert.

Bemerkenswert finde ich Maya, die Protagonistin: Zu Beginn noch 13 Jahre alt, schwankend zwischen mangelndem Selbstbewusstsein, kindlicher Naivität und einer brennenden Leidenschaft für alles, was mit Schauspielerei zu tun hat. Doch gerade sie war es, die mir zu Beginn das Anschauen schwer machte. Denn im Gegensatz zu etlichen anderen Ganbatte-Hauptfiguren fiel zumindest mir das Aufbauen von so zwingend nötiger Sympathie eine ganze Weile schwer ... sehr schwer sogar.
Maya ist seltsam unnahbar bzw. schwer begreifbar, und zwar nicht nur für die restlichen Charaktere, sondern auch für mich als Zuschauer. Man möchte schon fast "irritierend" sagen.
Ich war also gezwungen, die Figur erst kennenzulernen. Das ist dem realen Leben mehr abgewonnen als bei etlichen anderen Hauptfiguren, aber eben auch ein gehöriges Risiko.
Das soll nicht heißen, Maya selbst (oder sonst wer) wäre wirklich realistisch dargestellt – allein ihr Schauspieltalent ist fast schon absurd. Sie vollbringt im Laufe der Geschichte ein paar Kunststücke, die eigentlich undenkbar sind, z. B. das improvisierte Aufführen eines Stücks für mehr als ein Dutzend Darsteller im Alleingang. Allerdings rechne ich es dem Werk hoch an, dass dieser Umstand immer wieder relativ geschickt ins Gesamtgeschehen eingebunden wird. Er wirkt somit nicht unpassend und fungiert auch als Triebfeder für andere Figuren.
Die Handlung der Umsetzung umspannt ein paar Jahre, ergo erlebt man auch die Reifung der Hauptfigur. Das macht Glass no Kamen relativ geschickt: Nicht plötzlich bzw. sprunghaft, sondern eher langsam und unauffällig. So etwas würde ich gerne häufiger sehen.
Leider leistet man sich bei der Heldin auch Schnitzer. So manche Reaktion wirkt übertrieben kindlich und ein paar Verhaltensweisen sind schlichtweg irritierend und unglaubwürdig. Das schlimmste Beispiel ist bei einem Wettbewerb, wo vorab alle Gruppen versammelt und genannt werden. Maya quittiert dies mit einem Anwesenheitsruf, der aber überhaupt nicht verlangt war ... meiner Meinung nach eine schlechte und völlig überflüssige Humoreinlage. Glücklicherweise sind solche Eskapaden selten, insbesondere im späteren Verlauf.

Natürlich gibt es aufgrund des Schauspiel-Settings jede Menge Figuren. Viele bleiben unvermeidlich blass, aber zumindest die drei wichtigsten werden schon relativ gut beleuchtet. Die ehrgeizige Rivalin Ayumi ist quasi das Gegenstück zu Maya: Aus prestigereichem Schauspielerhause stammend, weiß sie sehr wohl über ihr Talent Bescheid, hat dafür aber auch immer wieder mit den negativen Seiten zu kämpfen, z. B. dem Schatten ihrer berühmten Mutter, Einsamkeit oder zu hohen, selbst gesetzten Zielen. Na ja, und mit Mayas unbegreiflichem Talent natürlich, denn richtig interessant wird es, wenn beide aufeinander treffen. Egal ob als Rivalen oder gemeinsam auf der Bühne, so ziemlich immer beeinflussen und beeindrucken sie sich gegenseitig. Das führt einerseits zu wachsendem gegenseitigen Respekt, aber auch sukzessive zu Missverständnissen.
Die angesprochene Mentorin, Chigusa Tsukikage, bekommt ebenfalls Hintergrund spendiert, aber trotzdem schwächelt die Figur im Vergleich ein wenig. Ihr gegenwärtige Rolle ist solide umgesetzt, die Hintergrundgeschichte aber eher kitschig.
Und schließlich Masumi Hayami - ein relativ junger, eher kalter und gefühlslos wirkender Geschäftsmann, der die Rechte an "The Crimson Goddess" erlangen will, aber (beidseitig ungewollt) von Maya Stück für Stück (Wortspiel durchaus beabsichtigt) emotional aus der Bahn geworfen wird. Deren Verhältnis war interessant zu verfolgen, auch wenn die etlichen Gedanken-Monologe auf beiden Seiten fast schon kitschig sind. Man möchte meinen, die Schauspielstimmung habe sich auch darauf ausgewirkt. Auch in seinen Hintergrund erhält man Einblicke, aber leider erst recht spät.

Und etwas kürzer zu den technischen Seiten:
- Die Synchronsprecherin von Maya finde ich großartig, vor allem wie sie allein den ganzen verschiedenen Rollen Leben einhaucht. Das gilt im Großen und Ganzen auch für Ayumis Sprecherin. Bei Chigusa Tsukikage bin ich zwiegespalten. Denn auch wenn sie die Figur meist ordentlich rüberbringt, in einem der besten Schauspiele der Serie ist die Leistung im Vergleich zu Maya und Ayumi eher ... "unterwältigend". Beim Rest kann ich mich nicht beklagen, allenfalls Mayas Mutter hat mich nur bedingt überzeugt. Kuriose Randnotiz: Die Sprecherin von Ayumis Mutter hat in der Version von vor 21 Jahren Maya ihre Stimme verliehen.
- Der Zeichenstil ist ordentlich für ein Werk von 2005: Die Hintergründe recht schön, über die Zeichnungen kann ich mich auch nicht beschweren. Standbilder gibt es natürlich immer mal wieder, was bei 51 Folgen kein Wunder ist, aber teilweise dienen sie sogar als Stilmittel zum "Vorspulen" eines Stücks.
- Und der Soundtrack? Man hört, dass es hier kein hohes Budget gab. Die einzelnen Stücke unterstützen stimmungsmäßig ganz passabel, würden allein aber nicht wirklich bestehen. Die Aufführungen kommen übrigens mit recht wenig Musikuntermalung aus. Fand ich gut so, es hätte auch irgendwie nicht so gepasst. Titellieder und Abspannlieder sind mir meist egal, aber gesondert will ich mal das zweite Schlusslied erwähnen: Das hat musikalisch einen ziemlich infektiösen Refrain, der textlich aber völliger Stuss ist (das oder die englische Übersetzung davon). Aber nun ja ... bei J-Pop verwundert mich ja fast nichts mehr.


Fazit:

Glass no Kamen gehört auch jetzt nicht zu meinen Favoriten (dafür gibt's dann doch ein paar störende Punkte zu viel), nimmt aber seit jeher einen Ausnahmestatus ein. Ich behaupte mal frei heraus, der Serie liegt eine ähnliche Magie inne wie den gezeigten Schauspielstücken. In meinem Fall hat sie jedenfalls gleich zweimal gewirkt.
Was eine Empfehlung angeht ... schwierig. Wie oben beschrieben, kann aller Anfang sehr schwer sein. Der allgemein leicht kitschige Anstrich mag ebenfalls abstoßend sein, aber andererseits lässt man sich hier vielleicht ein seltsam fesselndes Erlebnis entgehen.

Update-Historie:
28.05.2019 Umständliche Formulierungen zusammengerafft
30.04.2020 Fehlerchen und andere kleine Formulierungsausbesserungen
19.08.2020 s. darüber
24.08.2020 Es gibt immer Arbeit ...
08.09.2020 + 09.09.2020 Weitere Fehler und eine Fehlinformation korrigiert
Post was last edited on 09.09.2020 16:06.
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Rezensionen – A.I.C.O. Incarnation

Avatar: Acuros
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#23
A.I.C.O Incarnation - ein Originalwerk von Netflix, die ihr Anime-Angebot offenbar gehörig aufstocken wollen. Das heißt: Keine unvollständige Manga-/Light-Novel-Umsetzung und auch kein Visual-Novel-Murks, außerdem animiniert von BONES, die ja nicht unbedingt die Schlechtesten in ihrem Bereich sind.
Das könnte man glatt was erwarten ... aber man sieht immer mal wieder, dass solche Erwartung sträflichst enttäuscht werden können.

A.I.C.O Incarnation ist für mich insofern interessant, dass beides zutrifft.

5.5 von 10 - eine Wertung, die sich bei mir überwiegend Abbruchskandidaten einfangen. Dass ich die Serie aber dennoch beendet habe, liegt einerseits daran, dass die eigentliche Rahmenhandlung sowie ein guter Teil der Ereignisse mich ziemlich gut bei der Stange halten konnte, anderseits, dass es auf der technische Seite nichts zu meckern gab: Neben gefälligem Zeichenstil und Detailgrad sowie für meinen Geschmack guten Animationen wird die Farbpalette auch oft recht geschickt eingesetzt. Spätestens seit Houseki no Kuni ist klar, dass CGI vorzüglich eingesetzt werden kann - das ist auch hier der Fall.
Ebenfalls lobend sei erwähnt, dass der Anime ein recht guten und vor allem passenden Soundtrack zu bieten hat, zu dem (seit Langem mal wieder) auch ein Vorspannlied gehört, dass ich mir durchaus gern anhörte. Das hat für mich Seltenheitswert, denn manchmal denke ich, Vor- und Abspann wurden nur zum Überspringen erfunden ...

Das Szenario ist ganz einfach obskur: Das Erzeugen künstlicher Körper und sogar Gehirne ist schon volles Science-Fiction-Programm, aber beim sogenannten "Matter" wird's noch bizarrer. Immerhin wurde die Serie so abgespult, dass ich wissen wollte, was hinter alledem nun wirklich steckt.
Durch die zügige Erzählweise vermeidet man zwar durchgängig Längen, allerdings passiert in den 12 Folgen so viel, dass manches einfach unzureichend erklärt wird. Besonders frappierend dabei die ganze Sache mit Yuzuha, wo ich immer noch nicht wirklich weiß, was das nun sollte ... vielleicht ist es auch einfach untergegangen, aber in Anbetracht dessen, dass einem vieles besser erklärt wird, wär das eher ein Armutszeugnis.
Die finale Episode schafft es übrigens weitestgehend, die restlichen Stränge zu Ende zu bringen, ist aber eben ein Paradebeispiel für einen zu gehetzten Ablauf - grad der Epilog wirkt wie eine Pflichtübung und enthält Details, die mich aufgrund der nachfolgenden Erklärungen auch gar nicht wirklich interessierten.

Die Charaktere sind jetzt nicht völlig nicht missraten, aber sie können ihre Reißbrettnatur schlichtweg nicht verbergen. Es fehlt auch einfach die Zeit, die Nebenfiguren auszuarbeiten - man erfährt so gut wie nichts über ihre Hintergründe, bestenfalls Andeutungen.
Der Großteil des Casts ist also einfach nur oberflächlich (meist auch fade) und kommt einem vom Verhaltensmuster her furchtbar vertraut vor. Würde man sich die Mühe machen, oft verwendete Kategorie aufzustellen, wäre eine Einordnung der Figuren sicher ein Kinderspiel.
Ausbrechen aus den gängigen Mustern tut jedenfalls keiner - sieht man vom vermeintlichen "Antagonisten" mal ab, der aber auch einfach nur von "blass" zu "irre" wechselt. Eine Masche, die alles andere als neu ist ...
Vor Klischees gefeit sind die zwei Hauptfiguren leider auch nicht. Aiko ist das schüchterne, liebe und teilweise willensstarke Mädchen, dass sich später immerhin (leider ziemlich sprungartig und damit unplausibel) weiterentwickelt, aber lange Zeit die gleichen Verhaltensweisen zeigt, bis es mir schon auf den Sack ging. Wenigstens hat sie ein einigermaßen interessante Hintergrundgeschichte, die auch ein paar nette Wendungen bereithält. Kanzaki Yuya ist erstmal nicht mehr als "Mysteriöser Knabe" (mit ein bisschen Beschützerkomplex), sorgt aber immerhin noch für gewisse Aha-Momente.

Wenn also die Figuren schon so schwächeln, kann von den Dialogen ja nicht viel erwartet werden, aber es kommt sogar noch schlimmer. Bestenfalls durchschnittlich und nur selten interessant, wirken sie diverse Male so, als würden sie direkt aus dem Lehrbuch kommen. Oder vom Reißbrett, was eigentlich mehr Sinn ergibt, dann von da scheinen ja auch die Figuren zu stammen ... jedenfalls kamen mir manche Formulierung samt Tonlage unangenehm vertraut vor - das hat man schon des Öfteren so gesehen und gehört. Hier waren offenbar nicht die erfahrendsten Leute am Werk.
Unangenehmerweise wird auch Etliches immer wieder ausgesprochen, z. B. Aikos Beteuerungen, sie wolle ihretwegen keine Verletzten/Toten oder Kanzakis Ansage, er werde Aiko zum "Primary Point" bringen und den Burst beenden. Mehrmals fragte ich mich: "Wie oft soll ich mir Sachverhalt X denn noch anhören? Danke sehr, ich hab's verstanden ..."
Was ebenfalls nervt und leider nicht nur einmal vorkommt: Die Figuren begreifen die z. T. offensichtlichsten Dinge nicht von allein. So muss zum Beispiel die spezielle Beschaffenheit der Heldin erst mehrsätzig kommentiert werden, bevor die "Nebenschablonisten" es mit einem lehrbuchgerechten Synchron-Huch kommentieren.
Wenn dann noch Zwischenmenschliches oder sogar versuchte Gefühlsduselei beginnt, wird's teilweise richtig grausig. Die völlig zweckfreie Pseudoromanze ist wahrscheinlich nur ein Item auf der ToDo-Liste gewesen, aber auch so gehen fast alle Versuche, Drama bzw. Gefühle zu erzeugen, ins Leere oder regelrecht nach hinten los. An manchen Stellen wurde es so schlimm, dass meine Fremdschämsensoren freundlich fragten, ob ich denn nicht ein wenig vorspulen könne - ein paar Mal war ich so nett.


Fazit: Relative interessante, wenn auch abstruse Handlung, technisch ziemlich gut, dafür mauer Cast  und noch miesere Dialoge. Empfehlen kann ich das Werk also nur, wenn man nicht gar zu großen Wert auf die letzten zwei Dinge legt oder zumindest eine gewisse Elendsresistenz besitzt. Oder man einfach zusehen will, wie diverse Leute mit Laserknarren aller Art auf teils gewaltige Schleimberge in den unterschiedlichsten Rottönen ballert ;)
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Rezensionen – Das Verschwinden der Haruhi Suzumiya

Avatar: Acuros
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#24
Dieser Film und die damals kurz nach Erscheinen des Films auftretenden Bewertungen, die schon fast unverschämt hoch wirkten, haben mich überhaupt dazu verleitet, der "Welt" von Haruhi eine Chance zu geben, denn vorher konnte ich mich einfach nicht dazu durchringen.

Letztendlich habe ich die Entscheidung nicht bereut, wenngleich ich trotzdem nicht, auch nicht durch den Film, zum Haruhiisten werde. Endless Eight tat weh, aber wie bereits in anderen Kommentaren erwähnt, ist dieser Abschnitt (bzw. Folgen 1 und 8) durchaus wichtig für den Sehgenuss, ebenso Bamboo Leaf Rhapsody. Generell sollte man die Serie gesehen haben, um mit dem gesamten Geschehen warm zu werden. Schließlich handelt es sich gewissermaßen um eine Fortsetzung.


Handlung
Allzuviel sollte man nicht erzählen, es wäre ja doch ein Spoiler. Die erste Viertelstunde wirkt noch ganz normal. Weihnachten rückt näher, Kyon durchlebt tapfer die Kälte und eine neue Eskapade seitens Haruhi, denn eine Weihnachtsfeier soll anstehen. Doch dazu kommt es nicht, denn am Morgen danach ist die Welt nur scheinbar die Gleiche. Fortan kann man Kyon beobachten, wie er auf die gravierende Änderung reagiert (das Warum an sich klärt sich später im Film) und wie er diese Änderungen bewältigt. Im Vordergrund stehen somit auch seine Beweggründe für spätere Entscheidungen und Handlungen sowie seine generelle Einstellung zu Haruhi, zur SOS-Brigade und all dem übernatürlichen Kram. Auch wenn ich ein Weilchen gebraucht habe, um warm mit der Handlung zu werden, letztendlich hat sie mir sehr gefallen.

Charaktere
Die große Hauptrolle trägt Kyon, der fast schon aus seinem Charakterbild ausbricht. Wer Kyon mal besonders emotionsgeladen und verzweifelt sehen wollte, der ist hier richtig. Vorher konnte man das in Ansätzen eigentlich nur in The Sigh of Haruhi Suzumiya sehen, also Staffel 2. Problematisch ist nur, dass die Veränderung recht rabiat und plötzlich kommt und seine Verzweiflung stellenweise (gerade im früheren Teil) aufgesetzt wirkt. Später wird das Ganze verständlicher, aber leider eben erst später. Und die vielen "Handgreiflichkeiten" erschienen mir einfach unpassend. In dieser Kategorie muss sich der Film von mir leider Kritik gefallen lassen, ein etwas dezenteres Vorgehen hätte sicher eine positive Wirkung gehabt.
Die anderen Charaktere, nun ja ... nur so viel: Es ist erstens mal etwas anderes, und zweitens zeigt sich im Laufe des Films auch, dass Haruhi auch ganz anders sein kann als üblich, auch wenn sie das nicht ohne Weiteres eingestehen würde. Etwas, worauf man lang warten musste, weil es bisher nur wenig durchschien. Ansonsten: Seht selbst

Optik
Man muss Kyoto Animation für diese Arbeit wirklich in hohen Tönen loben, wobei sie vermutlich auch ein größeres Budget hatten. Aber dieses haben sie gut genutzt, sodass der Film ausnahmslos ein großes Sehvergnügen darstellt. Wüsste nicht, wo ich was bemeckern sollte, falls tatsächlich Schludereien gibt, hab ich sie nicht gesehen oder sie waren gut versteckt. Weiter braucht es keine Details, denn die gesamte Optik ist einfach tadellos.

Akkustik
Rein für sich genommen sind die Lieder im Film ziemlich toll. Das Titellied ist das aus Staffel 2, passt aber zur typischen Animestimmung am Anfang des Films. Das Abspannlied wiederum untermalt die Schlussstimmung gut. Ansonsten gibt sich der Soundtrack recht pompös, manchmal vielleicht ein wenig zu viel. Insgesamt gefällt die musikalische Untermalung ziemlich gut. An den Synchronsprechern gibt es nix zu meckern, hier wurde erneut saubere Arbeit geleistet. Ein Punkt mehr auf der Liste für Gründe, sich Animes im Originalton zu genehmigen.

Fazit
Der nicht völlig gelungene Abschnitt nach dem von Kyon genannten Prolog, dank etwas ungünstiger Präsentation von Kyons Beweggründen, schmälert den Gesamteindruck ein kleines Bisschen. Trotzdem, der Film ist großartig und entschädigt mehr als genug für den Flopp namens Endless Eight. Ohne entsprechende Vorkenntnisse wird man vielleicht ein bisschen Verständnisprobleme haben, aber sonst gibt es von mir an alle Nicht-Haruhiisten eine klare Anschauempfehlung, Haruhiisten dagegen sehen den Film ja ohnehin unaufgefordert ;)
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Rezensionen – Shakugan no Shana S

Avatar: Acuros
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#25
*Kommentar wegen Unterschiede Anime - Lightnovel nochmal überarbeitet*

Es ist schon eine ganze Weile her, dass ich die zwei Staffeln von Shakugan no Shana gesehen habe. Beide haben mir recht gut gefallen, ohne jetzt gleich den Status eines Bombast- bzw. Meisterwerkes einzunehmen. Alle, die die zweite Staffel gesehen habe, erinnern sich vermutlich an den relativ großen Slice-of-Life-Einschub zu Beginn der Serie. Dieser sorgte für geteilte Meinungen in großem Stile, war doch die Serie sonst eher rasantes Popcornkino, das einfach leichtherzige Unterhaltung versprach. Warum ich darauf verweise? Nun, es betrifft gewissermaßen auch diese OVA.


Handlung
Die OVA erzählt drei alleinstehende Geschichte, bei denen ich mir nicht sicher bin, ob sie nach Staffel 2 spielen, oder nicht. Folgen 1 und 2 sind ohnehine eher losgelöste Alltagsfolgen, aber die anderen beiden machen eine Einschätzung nicht ganz leicht. Die OVA entspricht jedenfalls nicht dem typischen, sonst anzufindenden Popcornkino.

Die erste Folge ist, trotz der dramatisch klingenden Beschreibung, schonmal kein solches Actionspektakel, sondern in der Sparte "Lustiges Intermezzo" anzusiedeln. Hier geht es, wie die Beschreibung schon beschrieb, um das Reshuffle, dass unserem Heldenpaar eine lustige Körpertauschsituation beschert. Wenn man bedenkt, wie gegensätzlich die beiden Protagonisten doch sind und wie oft sie sich, nicht zuletzt Shanas temperamentvoller Art wegen, in die Haare kriegen, entsteht hier ein ganzer Batzen lustiger Situation.
Unangenehmer fällt da mein Urteil über die zweite Folge aus. Es ist nämlich nichts weiter als eine ziemlich belanglose Slice-of-Lice-Folge, in der Wilhelmina sich Sorgen über Shanas Heimlichtuerei macht, die schon seit mehreren Tagen anhält. Nur Yuuji scheint ihr eine Hilfe zu sein, denn dieser ist genauso ahnungslos ... im Gegensatz zum Rest. Das Ergebnis ist leider schon vorher klar, weshalb ich den Abschnitt leider als ziemlich fad empfand.
Die letzten beiden Folgen hängen zusammen und zeigen einen Auftrag von Shana in einer anderen Stadt, der sogar am Ende der letzten Folge winzige Andeutung über Geschehnisse am Ende der zweiten Staffel macht ... so schien es mir. Genauso gut könnte man die Folgen jedoch Shanas Vergangenheit zuteilen, wobei hier dann wieder die Schlussszene seltsam wirkt. Das Problem ist wohl, dass mit Staffel 2 die Distanz zur Light Novel in den letzten Folgen sehr groß geworden ist und dass dieses OVA dazu sein sollte, zur nächsten Staffel überzuleiten. Ob das nun gelungen ist, wird sich wohl erst mit Staffel 3 klären ... Jedenfalls erwartet den Zuschauer hier eine ruhig und auch etwas melancholisch erzählte Geschichte über ein frisch verliebtes Mädchen, das gleich zu Beginn als Torch entblößt und daraufhin (von Shana) "erlöst" wird. Es gilt nun die Identität des Tomoguras herauszufinden, weshalb Shana sich als Freundin des nun wieder Single seienden Kerlchen ausgeben, um Hinweise auf den Übeltäter zu finden. Nur macht sich dieser ungewöhnlich rar ...
Von der Inszenierung des Ganzen sind die zwei letzten Folge sicherlich das Highlight der OVA. Sie wissen vielleicht zu gefallen, entsprechen aber nicht gerade der üblichen Shakugan-no-Shana-Stimmung und dürften deswegen wohl auch erneut für geteilte Meinungen sorgen ... so wie vermutlich die ganze OVA an sich.

Charaktere
Durchgängig anwesend ist eigentlich nur Shana; Yuuji und Wilhelnina dagegen nur in den ersten zwei Folgen. Der Rest der Rasselbande muss leider ein Dasein als Gäste führen, hat mich bei der Kürze aber nicht sehr gestört. Die erste Folge hat mich mal wieder daran erinnert, dass das Zusammenspiel zwischen Shana und Yuuji doch immer wieder unterhaltsam und angenehm zu verfolgen ist, und der Cast von SnS insgesamt immer noch sympathisch ist. Besondere Aufmerksamkeit erhält aber eben nur Shana, die die letzten beiden Folge mehr oder weniger allein trägt. Diese zeigen mal wieder ihre ruhige, distanzierte und auch menschenfremde Seite, das ich als recht interessant zu verfolgen empfand. Leider ist gerade das Paar aus Folgen 3 und 4 nicht grad kreativ ausgefallen, allzusehr hat es mich trotzdem nicht gestört.

Optik
Tjoar, sowohl als auch, würde ich sagen. Dadurch, dass kaum Actionszenen vorhanden sind, dürfte das Team nicht gar so schwere Arbeit gehabt haben wie sonst vielleicht, aber zumindest kann sagen, dass die gesamte OVA atmosphärisch sehr gelungen ist. Der Zeichenstil kam mir auch sauber vor, allerdings bin ich nicht der Mensch, der allzusehr auf solche Dinge achtet. Absolute Spitzenklasse würde ich es nicht nennen. Etwas fad war der Kampf in Folge 4, wirklich Effekte gibt es nicht zu sehen, auch wenn die rasante Fahrt durch die Stadt schon unterhaltsam anzusehen war. Wer die vierte Folge gesehen hat, wird wissen, was ich meine. Insgesamt auf jeden Fall in Ordnung, nichts dabei, das den Sehgenuss trüben dürfte.

Akkustik
Kann man auf jeden Fall als gelungen ansehen. Die Musik ist allein nicht besonders Spektakuläres, unterstreicht aber alle Situationen der OVA passend, gerade die letzten beiden Folgen sind musikalisch recht gelungen unterlegt. An der Geräuschkulisse gibt es ebenfalls nix zu meckern, jedenfalls fiel mir da nichts Negatives auf. Und schließlich noch ein Wort zur Synchronisation: Shana, Yuuji und Wilhelmina erkennt auch daran leicht wieder, ihre ganze Charakteristik kommt vom Gesprochenen her auch wieder so rüber wie in der Serie. Besonders amüsant war da eben die erste Folge, die Sprecher unserer zwei Helden haben die Situation sehr unterhaltsam eingefangen. Ansonsten haben die meisten anderen bekannten Figuren ja doch nur kurze Auftritte, sodass man hier ohnehin nicht falsch machen konnte.

Fazit
Jedem, der die Serien gesehen hat, kann ich die OVA zumindest zum einmaligen Anschauen empfehlen. Man braucht sich hier kein Meisterwerk erwarten und muss auch eine schwächere Folge in Kauf nehmen, kann aber durchaus mit der Geschichte danach entschädigt werden. Letztendlich könnten "falsche" Erwartungen den Sargnagel für diese OVA bedeuten, weshalb ich einfach empfehle, am besten gar keine zu haben. Dieses Werk erzählt drei vergleichsweise ruhige Einzelgeschichten, die allesamt kein Actionspektakel sind, sondern humorvolle, aber auch melancholische Aspekte vereinen. Mir jedenfalls hat es gut gefallen, und ich hoffe auf eine richtige dritte Staffel in absehbarer Zeit.
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Rezensionen – Zoids Genesis

Avatar: Acuros
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#26
Hin und wieder kommt es vor, dass man bei Animes daneben greift. Mir ist's nun wieder passiert - Zoids Genesis erhält die schlechteste Bewertung, die ich seit Jahren vergeben habe. Nach 22 Folgen habe ich die Faxen wirklich richtig dicke und breche seit geraumer Zeit mal wieder einen Anime ab.


Handlung
Ich hatte ja am Anfang noch die Hoffnung, die Handlung könnte einigermaßen in Ordnung sein: Eine Welt, die vor tausenden Jahren zerstört wurde, weil sich die Erdachse verschoben hat, und tausende von Jahren später wieder besiedelt wird, kann ja durchaus interessant sein - komisch hingegen das Vorhandensein von tierartigen "Mechagolems", die von den Menschen gesteuert werden. Manche große (und natürlich ganz toll aussehende) Exemplare können nur von bestimmten Personen aktiviert werden – nicht jeder kann jeden Zoid, so heißen diese Teile, steuern. So auch ein tigerartiges Vieh, das gleich zu Beginn von den Einwohner des Dorfes Miroodo geborgen wird – darunter auch unser Protagonist Ruuji.
Doch oh Schreck! Böse Truppen vom weit nördlich gelegenen Reich Digald greifen das Dorf aus heiterem Himmeln an, um an das Reggel, Treibstoff für die Zoids, und den Reggel produzierenden Generator zu kommen. Aber welch Wunder! Ruuji kann den Zoid aktivieren, was sonst keiner konnte, und springt heldenhaft in die Presche. Ebenso tauchen zwei weitere Zoids auf, die allesamt über besondere Metallwaffen verfügen, ohne die man die bösen Zoids nicht erledigen kann (seufz ...). Und natürlich (ja, es ist wirklich furchbar offensichtlich) kommt es, wie es kommen muss, der Generator geht trotz fast gewonnenem Kampf flöten, das Dorf droht dadurch auszusterben, der Held soll nun ausziehen, um einen Mechaniker zu finden, der ihn repariert. Warum ein ausgeschalteter Generator allerdings das Dorf zum Aussterben bringen soll – ich weiß es nicht.
Klingt lahm? Jop, und es wird nicht besser: Die Erklärung für die Existenz der Zoids wird quasi glatt unterschlagen, der ganze Verlauf ist oftmals erschreckend vorhersehbar, Spannung kommt quasi kaum auf, die lustigen oder vermeintlich dramatischen Szenen wirken oftmals aufgesetzt ... Mitfiebern? Berührt sein? Lachen? Überhaupt Emotionen? So gut wie immer Fehlanzeige, sieht man von zornigem Genervtsein ab ...

Charaktere
Die Charaktere reichen von platt über generisch bis hin zu albern und nervig. Glaubwürdigkeit ist Mangelware, Sympathien finden und Bezug aufbauen – das kann man so ziemlich vergessen, wenn man nicht grad zur jüngeren Sorte gehört und bislang nur wenig Animes gesehen hat. Nicht ein einziger Charakter ist erinnerungswürdig: Die Guten sind die Guten, die Bösen die Bösen – Einfallslosigkeit, wohin man schaut. Schlimmer noch: Gestalten wie Mii, Garada oder gar dieses katastrophale Comic-Relief-Quintett namens Tenkaidingsdabums, die derart abgedroschen sind, das ich's gar nicht fassen konnte, zerren schlimm an den Nerven des Zuschauers. Der Protagonist hingegen ist der typische Gutmensch mit Selbstzweifeln und naiven Ansichten, sonst aber wenig zu bieten hat außer unglaubwürdiger Verhaltensweise, um den Zuschauer zu quälen. Ra Kan ist der arme gebrochene Mann, der sein Königreich verloren hat, aber zumindest ganz erträglich ist. Kotoha ist am Ende vielleicht noch die sympathischste von allen, aber leider ebenfalls nicht sonderlich interessant.
Bei den Bösen sind namentlich erstmal nur Zairin und Georg wichtig, aber beide sind so stereotyp, dass es schmerzt. Insbesondere ihr Handeln ist einfach nicht nachvollziehbar. Auch die allgemeine Natur des Königreichs Digald wirkt so konstruiert und altbacken.
Und die Nebencharaktere? Statisten frisch aus dem Schablonenwerk. Ein kreativer und sympathischer Cast kann einige Patzer retten – Zoids Genesis hat aber keinen solchen Schwimmring. Im Gegenteil, was die Charaktere angeht, versagt die Serie deutlich. Ein Armutszeugnis, wie ich es lang nicht mehr erleben durfte!

Optik
Nächster Schwachpunkt sind Zeichenstil und Animation. Während die Zoids mittels vernünftigem CG gut in Szene gesetzt sind und sogar gut animiert sind, sind Hintergrund und Zeichnung allgemein sehr dürftig ausgefallen – selbst mein ungeschultes Auge musste das deutlich bemerken. Es passt auch leider schlecht zusammen, die eher detaillierten Zoids wirken vor den billigen Hintergründen etwas fehl am Platz. Die Inszenierung der Kämpfe hingegen ist bestenfalls erträglich, oftmals aber auch eher fad. Wirklich Spannung kommt wenig auf, und wenn, dann nur geringfügig. Bittererweise waren die Kämpfe noch der beste Teil an der Serie ...
Ansonsten sind man verdammt viel Standbilder, einige Szenenrecyclings sowie diverse Speedlines. Alles, was nicht Zoid ist, wirkt ziemlich sparsam und starr. Wahrlich: Zoids Genesis ist leider kein wirkliches Vergnügen für die Augen.

Akkustik
Wenigstens ein Aspekt, wo sich die Serie gut schlägt, ist der Soundtrack, den der ist doch ziemlich gelungen. Grad die Kampfstücke bereiten wenigstens ein bisschen Vergnügen in diesem Elend – aber retten kann der OST die Misere nicht.
Die Synchronsprecher kriegen hingegen wenig Lob zu hören. Die Emotionen kommen schlecht rüber, oftmals wirkt es auch einfach aufgesetzt, und Dorfbewohner, deren Dorf grad abfackelt, wirken nicht sonderlich entsetzt, jedenfalls nicht so, wie man es erwarten würde. Von den Finsterlingen will ich nicht anfangen, hier sieht es ähnlich schlecht aus. Die Geräusche sind in Ordnung, mehr auch nicht.

Was am Ende bleibt ...
Zoids Genesis reitet sich zwei Meter in den Dreck, zieht sich einen Meter wieder raus, um sich gleich wieder zwei hineinzustoßen – auch wenn ich nur 22 Folgen gesehen habe, ich ahne Schlimmes, nämlich dass die Serie noch generischer wird und meine Stirn noch mehr „Facepalms“ erleiden muss. Je länger ich schaute, desto mehr ging mir das Werk auf die Ketten. Und ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob die Macher das Werk wirklich ernstgenommen haben, denn so manches Mal hatte ich durchaus Zweifel daran.
Ich kann Zoids Genesis eigentlich nur Mechaverrückten empfehlen, aber selbst denen lege ich ans Herz, von vornherein bei Handlung, Charakteren und auch Animation klare Abstriche zu machen - oder die Serie lieber gleich links liegen zu lassen. Etwas, das auch ich hätte tun sollen.
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