Story: | 9 |
Optik: | 10 |
Inszenierung: | 10 |
Charaktere: | 9 |
Musik: | 10 |
Das Verschwinden der Haruhi Suzumiya ReviewAm 27. April ist nach der vom Teufel veranlassten und nur allzu Kazé-typischen Verschiebung um einen Monat nun endlich die Bluray zum Film The Disappearance of Haruhi Suzumiya in Deutschland erschienen. So schnell wie möglich schnappte ich mir ein Exemplar dieses wahrlich großartigen Films.
StoryWeihnachten steht vor der Tür. Das ist natürlich der perfekte Anlass für Haruhi, eine Feier im Klubraum der SOS-Brigade zu veranstalten. Schon bevor Haruhi ihre Pläne preisgibt, dreht sich bei Kyon der Magen um, denkt er auch nur eine Sekunde an Weihnachten. Zunächst scheint alles wie immer zu sein: Haruhi hat eine Idee und die wird dann ohne Wenn und Aber durchgesetzt (immerhin hat sie nachgefragt!). Auch die Arbeitsteilung fällt wie gewohnt aus: Kyon, der einzig normale in diesem Klub, muss den Raum dekorieren, während die aus der Zukunft stammende Asahina Mikuru eine knapp bekleidete Version des Weihnachtsmannes mimen muss, Alien Yuki Nagato still ein Buch liest, der übernatürlich Begabte Itsuki Koizumi irgendwelche philosophischen Kommentare abgibt und Haruhi alle von ihrem hohen Ross aus herumkommandiert. Bei der Dekoration gehen Kyon die Girlanden aus, die natürlich er selbst für den nächsten Tag besorgen muss. Doch mit dem nächsten Tag endet der Prolog und Kyon versteht die Welt nicht mehr. Der Titel suggeriert es ja bereits. Da ist mehr im Busch. Am nächsten Tag ist zu Kyons Entsetzen eine Grippewelle an der Schule ausgebrochen, sodass viele Schüler fehlen – sogar Haruhi Suzumiya. Doch nach einem Gespräch mit Kunikida, einem Klassenkameraden und Freund von Kyon, beginnt er, an sich und sein Umfeld zu zweifeln. Als dann auch noch eine Person auftaucht, die auf keinen Fall mehr da sein sollte, wird er langsam panisch und sucht die Mitglieder der SOS-Brigade auf, doch es kommt noch schlimmer: Diese scheinen Kyon allesamt nicht wieder zu erkennen und selbst ihre wahren Identitäten spielen keine Rolle mehr. Die Suche nach Antworten beginnt! Was ist hier los? Wo ist Haruhi? Wie bekomme ich mein altes Leben zurück? Will ich das überhaupt?
Wem das hier jetzt alles gar nichts sagt, dem verrate ich an dieser Stelle, dass es sich bei Disappearance nicht um einen typischen Anime-Film handelt, der auch für sich alleine stehen kann und unabhängig von der jeweiligen Serie funktioniert. Genau das Gegenteil ist hier der Fall. Der Film bemüht sich zwar durchaus, für sich alleine zu stehen und so viele Informationen wie möglich zu vermitteln und man versteht in Grundzügen bestimmt, was da vor sich geht, doch ohne die Kenntnis der ersten Staffel kann man den Film denke ich erstmal vergessen. Wenn man mit der Serie nicht allzu viel anfangen kann, den Film aber trotzdem sehen möchte, kommt man zusätzlich noch mit der ersten Folge der zweiten Staffel gerade so mit einem blauen Auge davon und versteht zumindest ausreichend, was da vor sich geht, denn diese Folge (Bambo Leaf Rhapsody) legt den Grundstein für die Geschichte dieses Films und ist daher ebenso wie die erste Staffel absolute Pflicht. Ich empfehle allerdings, auch die komplette zweite Staffel zu schauen (besonders Endless Eight ist nicht unwichtig), wenn man für sich selbst das meiste aus dem Film herausholen und die Charaktere vollends nachvollziehen möchte. Es gibt so viele Andeutungen, die immer wieder auf vorangegangene Ereignisse verweisen, dass da sicher das ein oder andere Flöten ginge.
Der Fokus verschiebt sich diesmal sehr deutlich, denn für sarkastische Kommentare hat Kyon in dieser Situation nicht mehr viel übrig. Nur der Prolog zeichnet sich noch durch den Haruhi-typischen Humor aus. Zwar mag dies einen Großteil des Unterhaltungswertes der ersten beiden Staffeln ausgemacht haben, doch lässt das hier gebotene Alternativprogramm dieses vermeintliche Markel schnell in Vergessenheit geraten. Wir verfolgen Kyon in diesem Film bei einer Art Selbstfindung. Er muss hinterfragen, was ihm die Geschehnisse rund um die SOS-Brigade und vor allem Haruhi wirklich bedeuten. Warum tut er sich den ganzen übernatürlichen Kram, über den er sich durchgehend zu beschweren wusste, eigentlich an? Dieser Frage stellt sich Kyon nun zwangsweise selbst und reflektiert die Existenz der SOS-Brigade, die Aktivitäten des Klubs und die Bedeutung Haruhis in seinem Leben. Aufgrund der völlig neuen Situation, in der sich Kyon nun befindet, ist die Stimmung natürlich eine ganz andere, was auch den Grund für das Fehlen von Kyons typischen Kommentaren darstellt. Der Film ist anders, viel ernster. Besonders in der ersten Hälfte nach dem Prolog kann diese pure Einsamkeit schon deprimieren.
Während der Suche nach einer Lösung für dieses durchaus komplexe Problem stimmt bei der Ausführung fast alles: Es gibt lediglich zwei Punkte, die ich ankreide bzw. ankreiden könnte. Zum einen wäre da die Laufzeit und zum anderen die Vorhersehbarkeit. Disappearance ist mit seinen ~165 Minuten locker bei den längsten Anime-Filmen dabei. Demnach sollte sich jeder, der sich nicht für einen größeren Haruhi-Fan hält, eine gemütliche Sitzmöglichkeit organisieren, damit die Länge nicht zur Qual wird. Für mich hatte aber jede einzelne Szene ihren Sinn, ihre Existenzberechtigung und ich kann nur befürworten, dass Kyoto Animation wirklich alles aus der Vorlage herausgeholt hat. Es gibt sogar Szenen, in denen über eine Minute lang kein einziges Wort fällt, aber das passt dann ziemlich gut und verstärkt nur die Wirkung.
In Bezug auf die Vorhersehbarkeit kann ein großer Fan, wie ich einer bin, dann aber auch mal Kritik laut werden lassen: Die für das Schlamassel verantwortliche Person hat man schon vor der eigentlichen Enthüllung längst ausgemacht. Das liegt allen voran daran, dass viele Möglichkeiten schon im voraus bewusst ausgeschlossen werden, indem jemand Kyon zum Beispiel verrät, dass der oder die Person auf jeden Fall nicht der Verbrecher sei. Alleine hierdurch kann man schon auf die Lösung kommen, da halt nicht viele andere Möglichkeiten übrig bleiben. Obwohl die Inszenierung während der Enthüllung des Täters (in welcher der Zuschauer noch im Dunkeln gelassen wird!) vollkommen überzeugend ist, ja sogar überragend und atemberaubend ausfällt, trägt auch diese zu diesem kleinen Problem bei. Den Unterhaltungswert mindert dies aber nur in sehr geringem Maße, denn in jeder anderen Kategorie überzeugt der Film definitiv. Es gibt diverse Mini-Twists und auch die Höhepunkte sind perfekt über die Länge des Films verteilt, bis es gegen Ende zum wohl besten inneren Monolog kommt, an dem ich bisher teilnehmen durfte, bevor es direkt darauf eine weitere, große Überraschung gibt, die mir völlig den Atem nahm, nur um dann eine Lösung zu präsentieren, die (im ersten Moment) nicht verwirrender hätte ausfallen können. Diese ist innerhalb des Films keinesfalls eindeutig bestimmt, was das Ganze noch interessanter macht. Der Film nimmt sich eine Menge Zeit. Für einige nimmt er sich besonders in der ersten Hälfte zu viel Zeit, bevor Kyon tatsächlich wirklich aktiv wird. Meines Erachtens aber stimmt die sehr gemächliche, ruhig ausgefallene Erzählweise wie die Faust aufs Auge.
Hinsichtlich der Geschichte konnte sich das Haruhi-Franchise in animierter Form vor Disappearance niemals auf einem so hohen Niveau bewegen, doch mit diesem Film ist es allen Beteiligten auch aufgrund der Fokussierung auf die Charakterentwicklung von Kyon endlich gelungen, das lange in Haruhi schlummernde Potential ausspielen und voll ausschöpfen zu können. Es gibt deutlich weniger bis gar keinen Humor mehr, doch fällt dies kaum negativ auf, da die mitreißende und spannende Story dafür zu gelungen umgesetzt worden ist. Die Stärken des Franchises kommen perfekt zusammen und besonders der Haruhi-typische Scifi-Teil ist der absolute Wahnsinn! In den Handlungsverlauf integrierte Geschehnisse aus Bambo Leaf Rhapsody kommen perfekt zur Geltung und sorgen oftmals für eine heruntergelassene Kinnlade und etwaige “AHA”-Effekte. Dadurch bekommen der 7. Juli sowie der 18. Dezember schon fast einen symbolischen Charakter. Diese Art “Symbolik” wird sogar zu Marketing-Zwecken verwendet, denn die japanische Bluray erschien am 18. Dezember 2010.
Story: 9/10
Optik & InszenierungNach der Ausstrahlung der Folge Bambo Leaf Rhapsody von Haruhi (2009) war die Fanbase schon seelisch auf die Umsetzung von Disappearance vorbereitet. Allerdings bekam man dann acht Folgen Endless Eight spendiert, was natürlich für viel Unruhe sorgte. Umso größer fiel die Freude über den darauffolgenden Teaser zu Disappearance aus: Es solle ein Kinofilm werden. Im Nachhinein können mir wohl alle zustimmen, wenn ich behaupte, es sei ein Segen, dass man sich bei der Verwirklichung dieser Light Novel für Kinoqualität entschieden hatte. Die Vorteile sind schon im ersten Moment zu erkennen. Charaktere und Hintergründe strotzen nur so vor Details. Die Animationen sind unglaublich flüssig und übersteigen die Qualitäten der beiden Serien bei weitem. Beim Charakterdesign hat man sich glücklicherweise für einen Kompromiss entschieden: Das Design der 2009er-Folgen fiel ja deutlich “niedlicher” aus als das der ersten Staffel. Ähnlichkeiten zu K-ON waren nicht von der Hand zu weisen, was mir damals wirklich sauer aufgestoßen hatte. Haruhi mit Moe-Blick geht halt einfach gar nicht klar. Im Film bewegt sich das Charakterdesign wie gesagt irgendwo zwischen der ersten und der zweiten Staffel, nimmt also diesen übertriebenen Moe aus den Gesichtern heraus und ersetzt ihn durch einen hohen Detailreichtum. Dieser äußert sich unter anderem durch errötende Ohren und ähnliche Kleinigkeiten. Bei Produktionen dieses Kalibers widmen sich die Animatoren aber auch deutlich mehr Personen, die sich im Hintergrund befinden, sodass diese Statisten nie negativ durch das Fehlen von Details auffallen. Zudem ist immer etwas in Bewegung und man kann hin und wieder Gespräche anderer Schüler verfolgen, was das Ganze mit etwas mehr Leben füllt. Nur vorbeifahrende Autos wollen nicht ganz überzeugen. Aber die Autos wissen dieses Manko selbst auszugleichen, wenn das Licht der Autos bei Nacht wunderbar die Charaktere erhellt. Ansonsten erweist sich der Einsatz von CGI als gutes Hilfsmittel, um Spiegelungen darzustellen und opulente Kamerafahrten zu ermöglichen. Auch bezüglich der Kameraperspektiven bedient man sich allerlei Tricks, um Dialoge interessanter zu gestalten. Hier sei besonders der Auftritt einer gewissen Person zu Beginn des Films kurz nach dem Prolog hervorgehoben: Das ist großes Kino!
Die realistisch gestalteten Hintergründe geizen ebenfalls nicht mit Details. Hier dominieren eher graue und somit kalte, winterliche Farbtöne, welche die Atmosphäre des Films perfekt einfangen und unterstützen. Trotzdem stechen die Charaktere nicht zu heftig aus den Hintergründen hervor, da auch das Spiel mit Licht und Schatten gekonnt umgesetzt wird. Die Optik überzeugte mich voll und ganz. Selbiges gilt auch für die Inszenierung. Die bereits erwähnten Kameraperspektiven sind abwechslungsreich und teilweise erlebt man die Ereignisse sogar aus der Ich-Perspektive von Kyon, was in ausgewählten Szenen die Intensität in die Höhe steigen lässt. In Szenen, die sich im Grunde im Kopf von Kyon abspielen (also zum Beispiel bei einem bildlich dargestellten Monolog), hatte Kyoto Animation in Bezug auf die Inszenierung sehr viel Spielraum. Hier laufen sie zur Höchstform über, denn plötzlich wird man von der unglaublichen Bildgewalt überwältigt und könnte immer wieder Screenshots für einen perfekten Wallpaper erstellen. Das Zusammenspiel zwischen dem, was Kyon gerade sagt bzw. denkt und dem, was dargestellt wird, ist nahezu perfekt. Es gibt während dieser Monologe nicht den Spur eines Frames, der keine Bedeutung hätte oder keine Beziehung zu Kyons Worte herstellen könnte. Ich habe es schon vorher gesagt: Jede Szene hat ihre Existenzberechtigung. Das spiegelt sich im Handlungsverlauf ebenso wider wie in der Inszenierung.
Optik & Inszenierung: 10/10
MusikMit Musik kann man mich leicht ködern. Die musikalische Untermalung ist für mich ein wichtiger Aspekt. Musik kann einer Szene das gewisse Etwas bescheren. Ein klarer Vorteil, den dieses Medium gegenüber anderen hat. Ich komme schnell zur Sache und gebe zu, auch in dieser Kategorie nichts als Lob aussprechen zu können. Der Soundtrack ist grandios. Hier stimmt von vorne bis hinten einfach wirklich alles. Erstmal ist anzumerken, dass die Stücke von einem Orchester eingespielt worden sind, was den Soundtrack für mich schon automatisch aufwertet. Wir wissen alle, was für einen Mehrwert ein Orchester darstellen kann. Ich verstehe Kritiker in diesem Punkt ehrlich gesagt nicht, wenn sie meinten, diese “Star Wars“-Musik würde nicht passen. Es ist eine Bereicherung für den gesamten Film, das gesamte Erlebnis, denn auch der Einsatz der Musik fällt großartig aus. So werden die wichtigsten Szenen besonders intensiv von den Instrumenten begleitet und die jeweiligen Gefühle von Hoffnung bis zum Entsetzen perfekt eingefangen. Abseits dieser hält sich der Soundtrack aber zurück. Dabei werden nicht nur neue Stücke geboten, sondern auch altbekannte, sodass durchaus für Nostalgie gesorgt wird, sobald etwas aus der ersten Staffel zu hören ist – ebenfalls komplett orchestriert versteht sich. Bei der Wahl des Openings griff man übrigens auf das der ersten Staffel zurück: “Bouken de-show de-show?” von Aya Hirano. In der allerletzten Szene des Films vor den Credits ist es unter anderem auch die Musik, die mich vollends zufrieden grinsen lässt, ehe mich das Ending “Yasashii Boukyaku” von Minori Chihara, der Synchronsprecherin von Yuki Nagato, wieder an den Bildschirm fesselt, obwohl da gerade nur die Credits laufen. Die Intention, zu verhindern, dass der Zuschauer die Szene nach den Credits verpasst, ist bei mir zumindest voll aufgegangen. Es passt einfach in jeder Szene jede einzelne Note.
Musik: 10/10
CharaktereKyon steht im Mittelpunkt des Films. Für ihn wird alles auf den Kopf gestellt und er muss sich der Wahrheit stellen, vor welcher er sich womöglich lange gedrückt hat. Aufgrund der veränderten Ausgangssituation ist er es selbst, der aktiv werden muss, um die Sache wieder in den Griff zu bekommen. In Disappearance wird ein wichtiger Aspekt vertieft, der in den vorherigen beiden Staffeln teilweise etwas vernachlässigt worden ist: Charakterentwicklung und -tiefe. Durch das aufkommende Problem ergibt sich dieses Potential erst und wird zum Glück in den Fällen Yuki Nagato und Kyon voll ausgeschöpft. Auch Nagato spielt in diesem Film eine übergeordnete Rolle, über die ich hier aber kaum etwas schreiben kann, ohne zu spoilern. Es ist so ähnlich wie mit Rei Ayanami aus Evangelion 2.22: Man hat Nagato Persönlichkeit geschenkt, doch geht dies in Disappearance noch viel weiter und hat auch deutliche, einschneidende Konsequenzen.
Fakt ist, dass sich Kyon in einer anderen Welt befindet, wo beispielsweise aus der in der Zeit reisenden Asahina Mikuru eine ganz gewöhnliche Schülerin wird. Derlei Veränderungen gelten dann natürlich auch für viele andere Charaktere. Ein bestimmtes Detail in Bezug auf diese Tatsache, das gegen Ende enthüllt wird, vertieft das mit den Veränderungen noch ein wenig, was mir sehr gut gefällt, da etwaige Charaktereigenschaften auch woanders existieren. Koizumi, der wie immer absolut nichts zu melden hat, lässt trotzdem ein wenig Einblick in seine Gedankenwelt zu. Beim ersten Schauen war ich schon etwas verblüfft darüber, auch wenn es eigentlich naheliegend ist. Lustig, dass er sich seiner Nutzlosigkeit in diesem Fall in späteren Light Novels vollkommen bewusst wird. Die erwachsene Version von Asahina hat ebenfalls einige Auftritte, die unter anderem in einer wirklich genau an der richtigen Stelle platzierten “Verzögerung” des Handlungsverlaufes involviert ist, welche die Geschichte nicht unnötig streckt, sondern mich einfach kurz hat runterkommen lassen. Sie weiß natürlich ganz genau, was passiert ist, aber für tiefgreifendere Details steht eher Yuki Nagato zur Verfügung. Trotzdem ist Asahina gerade aufgrund ihrer Fähigkeiten alles andere als unwichtig.
Yuki ist der geheime Held dieser Geschichte. Nach Disappearance hat man ein komplett anderes Bild von ihr und wenn Kyon unnötigerweise mal ziemlich fies wird, dann kann sie einem schon leid tun. Diese Aktion hat für ihn einen symbolischen Charakter, aber er hätte wissen müssen, dass er sie verletzen würde. Einige meinen, man hätte dies nur eingefügt, um Yuki ein bisschen Moe sein lassen zu können. Das kann natürlich auch sein, aber für mich steht fest, dass Kyon sich an dieser Stelle zumindest teilweise entscheidet und dies auf diese Art und Weise zum Ausdruck bringen will. Wirklich nachtragen kann ich dies Kyon aber nicht wirklich. Er hat im Verlauf des Films genug durchgemacht. Während seiner emotionalen Achterbahnfahrt ist die komplette Palette von Gefühlen vertreten und zu jedem Zeitpunkt vollkommen nachvollziehbar. Genau wie der Zuschauer wird er völlig desorientiert vom Rest der Welt im Stich gelassen. Ich wiederhole mich zwar, aber ich möchte nochmal betonen, wie zerschmetternd gerade das Gefühl von Einsamkeit in diesem Film rüber gebracht wird. Es geht über Verwirrung zu Verzweiflung, von Existenzängsten zu Hoffnung: Findet Kyon endlich einen Hinweis für seine Rettung, dann wird dies sehr intensiv dargestellt, wenn er sich vor lauter Freude zurückhalten muss, um vor nichts ahnenden Personen nicht völlig auszurasten. Es sind diese Momente, in denen auch im Zuschauer Hoffnung geweckt wird. Von der Hoffnung geht es nach einigem Hin und Her schließlich bis zur puren Entschlossenheit, um später dann alles in Frage zu stellen und Haruhi – und was viel wichtiger ist – auch sein eigenes Verhalten gegenüber bestimmten Personen zu reflektieren.
Die Reflexion dessen, was passiert ist, welche Bedeutung unter anderem Haruhi und die Existenz der SOS-Brigade für Kyon besitzt, bringt ihn eindeutig weiter. Wir bekommen einen sehr tiefen Einblick in seine Psyche, was man so im voraus von diesem Franchise möglicherweise gar nicht erwartet hätte. Die vermisste Haruhi Suzumiya selbst hat aufgrund des Umstandes, dass sie nun mal verschwunden ist^^, selbstverständlich weniger Screentime als gewohnt. Auch ein Grund für den über weite Strecken abwesenden Humor.
Da Haruhi eine fortlaufende Geschichte ist, zieht Disappearance natürlich auch einige Konsequenzen nach sich, die sich oft mit direktem Bezug im Verhalten einiger Charaktere widerspiegeln (Selbsteinschränkung sei hier mal ein nettes Stichwort). Die Tatsache, dass die Lösung nicht eindeutig ist, nimmt natürlich auch große Teile der Monologe von Kyon in späteren Light Novels ein. Man könnte nun meinen, dass sich der Film eine Schippe zu ernst nehme oder uferlos sei, doch hatte ich immer das Gefühl, dass dies nicht der Fall ist. Es wird einfach alles aus dem Potential der Scifi-Elemente und den Charakteren herausgeholt. Besonders bei letzterem hätte es kaum besser klappen können. Ich finde es grandios, wie eine Comedy-Serie ohne in bloße Lächerlichkeit zu enden, so viel Ernsthaftigkeit aus den Charakteren zieht, dass man mitfühlen und -fiebern kann.
Charakter: 9/10
Deutsche SynchronisationJa ja, die deutsche Synchronisation. Immer wieder ein leidiges Thema. Besonders im Bezug auf Haruhi, da bereits die Vertonung der ersten Staffel nicht unbedingt an der Besetzung, als viel mehr an der Regie dahinter scheiterte. Auch in diesem Film halte ich die Besetzung für in Ordnung (ist ja auch die Gleiche). Es ist sogar eine klare Steigerung aller Synchronsprecher im Vergleich zur deutschen Version der ersten Staffel zu erkennen. Eigentlich hätte ich kaum etwas an der Synchronisation auszusetzen, würde Michael Baral nicht erneut als Kyon versagen. Ich möchte ihm eine Steigerung nicht absprechen, das gefiel mir schon deutlich besser als vorher. Besonders in eher beiläufigen Szenen. Es sind die Schlüsselszenen, die diese Version für mich an kritischen Stellen fast unerträglich machen. Ich habe schon vorher befürchtet, dass der unheimlich hohe Sprechanteil von Kyon zu einem Problem werden würde. Allerdings trägt Baral da nicht die alleinige Schuld, denn teilweise kommt mir die Übersetzung selbst auch etwas eigenartig vor: Da wird ein kräftiges “Selbstverständlich” in einen kompletten Satz umgebaut oder abenteuerliche Dinge wie “kampieren” (ja, es ist richtig, aber völlig unpassend) gewählt oder extrem wichtige Sätze unterscheiden sich dermaßen von allen Versionen, die ich kenne (auch japanische Kinofassung mit englischem Untertitel – kein Fansub!), dass ich an der deutschen Version zweifeln muss, obwohl ich von japanisch keinen blassen Schimmer habe. Das ergänzt wunderbar die oftmals falsche Betonung. Besonders im inneren Monolog am Ende fehlt es der deutschen Version an eigentlich allem. Da wird die ganze Magie und Wirkung einer Szene gegen die Wand gefahren.
Man hat der deutschen Version auch ein paar zusätzliche Zeilen verpasst: So liest Kyon alles vor, was zum Beispiel auf einem Zettel steht, damit auch Analphabeten wissen, was da steht. Das finde ich gar nicht so schlimm, aber an einigen Stellen passt es einfach überhaupt nicht. Ein absoluter Atmosphäre-Killer im Gegensatz zum O-Ton, wo diese (immer untertitelten!) Szenen nie gesprochen werden. Von der Betonung ganz zu Schweigen. Hach herrje. Ich kann jedem nur empfehlen, sich den Film auf japanisch mit Untertiteln anzusehen, obwohl ich den Dub viel besser fand als erwartet. Diesmal sind es eher die Kleinigkeiten, die mich neben den immer noch nicht geheilten Kinderkrankheiten aus der ersten Staffel stören. Man kann den Film auf jeden Fall auf deutsch schauen. Zumindest eher, als die erste Staffel und selbst die ging in Ordnung. Ich greife allerdings immer zum Originalton, wenn niemand mitschaut, der auf den deutschen Dub besteht.
Deutsche Synchronisation: 5/10
FazitThe Disappearance of Haruhi Suzumiya ist genau das, was ich in Bezug auf Haruhi immer haben wollte. Genau das, was die Serie immer hätte sein können. Das zuvor aufgestellte Grundgerüst an schier unendlichem Potential wird hier bis zur letzten Konsequenz auf allerhöchstem Niveau ausgeschöpft. Das ist es, was das Haruhi-Franchise für mich wirklich ausmacht. Selten war ich dermaßen von einem Film begeistert, dass ich in einem Review wie diesem von Objektivität an keiner Stelle mehr sprechen kann. Ja, der Film hat eine lange Laufzeit von zweieinhalb Stunden, doch aufgrund der fesselnden Atmosphäre, die perfekt mit der kalten Winterzeit sowie den gräulichen Farbtönen harmoniert und der mitreißenden, immer spannenden Story kommt es zu keinem Zeitpunkt zu Durststrecken oder Langeweile. Es stimmt einfach alles: Von den aufgrund der Kinoqualität noch besseren Animationen und Hintergründen, der umwerfenden Inszenierung, der musikalischen Untermalung, bei welcher jede Note genau ins Schwarze trifft, bis hin zum neuen Schwerpunkt auf die Charakterentwicklung, Kyon und Nagato und der gesamten inhaltlichen Qualität ist einfach alles dermaßen gut gelungen, dass es mir schwer fällt, nicht den Fanboy raushängen zu lassen. Der Film macht einfach alles richtig und stellt den bisherigen Höhepunkt des Haruhi-Franchises dar. Von Anfang bis Ende bleibt man seiner Linie treu und vereint alle das Franchise ausmachende Elemente auf absurd gute Art und Weise, die Charaktere kommen endlich vollends zu tragen und das Ende fällt mehr als nur zufriedenstellend aus. Ein durch und durch unterhaltsames Meisterwerk, das kein Haruhi-Fan verpassen darf und gleichzeitig auch für Leute zu empfehlen ist, die nicht allzu viel von Haruhi halten, da der Fokus ein anderer ist und sich die Grundstimmung völlig von Selbiger der Serie unterscheidet und positiv abzuheben weiß. Das Verschwinden der Haruhi Suzumiya, um den deutschen Titel nochmal reinzubringen, ist somit schlicht und ergreifend mein absoluter Lieblingsfilm. Dies gilt Filme-übergreifend, beschränkt sich also nicht auf japanische Anime-Filme.
Fazit: 10/10
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